Der Begriff Romantik beschreibt eine Geisteshaltung, die sich in bildender Kunst, Literatur und Musik äußert und die bis heute nichts an Faszination eingebüßt hat. In Wien, einem der Geburtsorte dieser künstlerischen Bewegung, zeigt die Albertina in Kooperation mit dem Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste eine Ausstellung von rund 160 Werken ihrer wichtigsten Vertreter. Bedeutende Leihgaben aus internationalen Sammlungen berücksichtigen immer wieder auch den europäischen Kontext, so dass sich der Bogen der Exponate von Caspar David Friedrich bis Francisco de Goya spannt.Zwei Themenschwerpunkte werden ins Zentrum gerückt: Einerseits die immer wieder pointierte Gegenüberstellung von nordischer protestantischer und katholischer Romantik, die sich in ganz unterschiedlicher Spiritualität, Erzählform, Motivik und Bildsprache äußert, und andererseits die Fokussierung auf den Beitrag Wiens und Österreichs. Schließlich formiert sich an der Wiener Akademie in vehementer Ablehnung des akademischen Lehrbetriebs die Bewegung der Lukasbrüder der katholischen Romantik, deren Mitglieder bald nach Rom ziehen und dort als Nazarener für Aufsehen sorgen.
Nicht zuletzt findet in und um Wien, in Salzburg und im Salzkammergut auch die Landschaft ihre künstlerische Entdeckung in der Romantik und prägt das österreichische Kunstschaffen schließlich durch das gesamte 19. Jahrhundert. Beide Wiener Sammlungen bergen aus dem weiten Feld romantischer Landschaftskunst die größten Kostbarkeiten. Zugleich wird die Landschaft aber auch als eine existenzielle Daseinsmetapher betrachtet: So birgt für Caspar David Friedrich die Natur tiefgründige menschliche Rätsel, und Schlucht und Horizont oder Meeressturm und Schiffbruch werden zu düsteren Sinnbildern existenzieller und zivilisatorischer Entfremdung. Friedrichs schweigenden Bildern wird wiederum die – teils lyrische, teils dramatische – erzählende Ausdeutung derselben Motive in der Wiener Romantik gegenübergestellt, mit beredten Beispielen von Führich, Schnorr oder Schwind. Bedeutende Schlüsselwerke erweisen die ganz unterschiedliche Bedeutung des Lichts mit all seinen Wandlungen zwischen Morgen und Abend, zwischen Frühnebel und der Nacht. Dem kosmisch-existenziellen Zwielicht des Nordens steht nun das unmetaphysisch-klare Tageslicht der Nazarener gegenüber.
Weitere Sektionen widmen sich Arabesken und Pflanzenstudien, der Verklärung der Vergangenheit mit besonderem Fokus auf die katholisch-romantische Erfindung des Habsburg-Mythos, dem romantischen Freundschaftsbild und auch der dunklen Seite der Romantik mit Füssli und Goya als abgründige Vorboten einer immer währenden Suche nach dem Transzendenten in Mensch und Natur. Mit bedeutenden Exponaten anschaulich gemacht wird schließlich das romantische Manifest um den Gedanken der Erneuerung nordischer und südlicher Kunstauffassung, die man in Albrecht Dürer und Raphael schon einmal vervollkommnet sah.
KuratorInnen: Dr. Christof Metzger, Albertina, Wien und Doz. Dr. Cornelia Reiter (✝), Akademie der Bildenden Künste, Wien