Die Buhlschaft (buole = mittelhochdeutsch für Schlafplatz; Buhle = Beischläferin), die Rolle der Geliebten im Theaterstück „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal (1874–1929), wurde seit der Uraufführung (Berlin 1911) stets von namhaften Schauspielerinnen verkörpert. Seit der Gründung der Salzburger Festspiele (1920) durch Max Reinhardt (1873–1943) inszenieren bis heute bedeutende Regisseure die „Tragödie vom Leben und Sterben des reichen Mannes“, die alljährlich auf dem Spielplan der Salzburger Festspiele steht, vor dem Salzburger Dom. Die Buhlschaft verkörpert das blühende Leben, ist personifizierte Verführung und lebensvoller Gegenpart zum sterbenden Mann auf dem Domplatz. Kein Kostüm der Salzburger Festspiele erregte und erregt jedes Jahr vor der Festspielzeit mehr öffentliche Neugierde, Rätselraten und Aufmerksamkeit als ihr Kleid. Die Kostüme entstanden und entstehen in den Festspielwerkstätten und sind Teil der Festspielgeschichte.Kulturlandesrat Dr. Heinrich Schellhorn freut sich über die gelungene Kooperation mit den Salzburger Festspielen, ohne die diese Ausstellung nicht möglich wäre: „Nach der Präsentation der Sammlung Rossacher und deren Meisterwerken im Nordoratorium des DomQuartiers Salzburg, wird dieser eindrucksvolle Raum nun für eine Installation genutzt. Wir können Kleider, Kostüme und damit auch Kostümbildung einmal als eigenständigen Teil der darstellenden Kunst erleben. Im Kontext des Gesamtkunstwerkes Theater konsumieren wir diesen Beitrag ja oft sehr selbstverständlich und er wird uns oft gar nicht so bewusst. Kostüme unterstreichen Rollen, und was deren Trägerinnen mit ihnen verbinden. Mit all den gezeigten Kleidern ist dies passiert. Erstmalig stehen sie hier für sich alleine, und bieten die Möglichkeit zu einer genauen Betrachtung. Auch alltagskulturell sagt uns der Vergleich der unterschiedlichen Kostüme viel. Sie sind auch ein Spiegel von sich ständig verändernden Moden und Sichtweisen. Ich glaube, dass diese Ausstellung beim Publikum auf großes Interesse stoßen wird.“
Dir. Dr. Gabriele Groschner, Residenzgalerie Salzburg: „Die Residenzgalerie Salzburg widmet ihr Ausstellungsprogramm 2015 ganz dem Thema der Verführung. Seit Eröffnung des DomQuartiers ist es den Besuchern möglich in diesem architektonisch interessanten Gebäudekomplex rund um den gesamten Domplatz zu gehen. Dieser Platz beherbergt seit 1920 die Jedermannbühne, das Stück, das alljährlich bei den Salzburger Festspielen die meiste Beachtung erfährt. Mein Dank geht an die Salzburger Festspiele, dass sie die wunderbaren Kostüme für diese Ausstellung zur Verfügung stellen. Die Salzburger Festspiele und die Residenzgalerie Salzburg entstammen derselben Gründungsidee – internationale Kunst in Salzburg zu etablieren. Diese Ausstellungskooperation zwischen beiden Häusern schlägt somit eine charmante Brücke zur sommerlichen Jedermannbühne am Domplatz.“
Zur PräsentationZu sehen sind acht Kleider der Buhlschaft sowie Schuhe und Accessoires aus Inszenierungen der Salzburger Festspiele von 1990 bis 2014 und das Kleid des bisher einzigen weiblichen Todes (2005). Inhaltliche Ergänzung bilden Entwurfsskizzen und Notizen aus dem Archiv der Salzburger Festspiele. Ein Film mit Ausschnitten aus entsprechenden Szenen rundet die Ausstellung ab.
Dr. Erika Oehring, Residenzgalerie Salzburg – Ausstellungskuratorin: „Als ich mit der Ausführung einer Ausstellung für das Nordoratorium betraut wurde, ging es mir darum, ein Thema zu finden, das die Ästhetik der Räume betont und das Spannungsfeld von Objekt und Raum zur Wirkung bringt: ich dachte an dreidimensionale Objekte und an Textilien. Seit 2001 besteht Austausch und Zusammenarbeit von Residenzgalerie Salzburg mit der Abteilung Kostüm und Maske der Salzburger Festspiele. Im Gespräch mit Dorothea Nicolai einigten wir uns schnell auf das Thema „Kleider der Buhlschaft“. Nicht zuletzt ist das Nordoratorium nahe am Domplatz, dem alljährlichem Aufführungsort des Jedermann, der ideale Ort diese Kunstwerke in ihrer Farbenpracht schweben zu lassen.“
Zu den ObjektenDie Kleider der BuhlschaftDorothea Nicolai, Direktorin Kostüm und Maske, Salzburger Festspiele – Ausstellungskuratorin: „Jedes Kleid ist ein Unikat, das in den Kostümwerkstätten der Festspiele entsteht, im Zusammenklang des Entwurfs vom Kostümbildner für die Schauspielerin in der jeweiligen Inszenierung.Dabei soll das Kleid für die Buhlschaft die Weiblichkeit und die Verführungskunst der Rolle unterstreichen. Meistens leuchtet es in einem Rotton, der auf der großen Bühne vor der Domfassade weithin sichtbar ist. Die Entwürfe werden im Archiv der Festspiele aufbewahrt und die Kleider seit 1990 im Fundus gehütet.“ Das Kleid des Todes bildet den Gegenpart zu der das Leben symbolisierenden Buhlschaft.Von 1920 – 2014 verkörperten insgesamt einunddreißig Schauspieler den Tod des „Jedermann“. Darunter gab es nur eine weibliche Darstellung des Todes durch die Schauspielerin Ulrike Folkerts 2004 – 2005; in der Wiederaufnahme der Inszenierung von Christian Stückl unter der Leitung von Martin Kušej und Henning Bock.