Der 2012 verstorbene Künstler hat die Fertigstellung dieser Plattform nicht mehr erlebt. Die dokumentarische Ausstellung in der Museion Passage zeigt Reproduktionen von Originalzeichnungen, von den ersten Entwürfen bis zur konkreten Umsetzung, sowie Fotos aus der Bauphase und der fertiggestellten Plattform.Das Quadrat ist 4 x 4 Meter groß. Der Boden ist aus Lärchenholz, die Trägerstruktur aus braunrot lackiertem Stahl. Die Konstruktion hat zwar keine besondere Funktion, aber jedes Detail ist mit großer Sorgfalt ausgeführt. Walter Pichler entwickelte seine „Plattform über dem Bach“ als Ergänzung zu seinem „Haus neben der Schmiede“. Man hat mit Bezug auf dieses Haus von „Idealprojekt“ und „Hausmonument“ gesprochen, dessen wesentliches Material nach Aussage des Künstlers Erinnerung ist. Bei der bis ins kleinste Detail geplanten Plattform handelt es sich um eine zweckfreie Setzung. Die Konstruktion führt schließlich nirgendwo hin und hat keine andere praktische Funktion, als die, dass man von ihr aus auf den Bach schauen kann. Damit verweist diese Arbeit auf eine ähnliche Konstruktion des Künstlers – eine Plattform, die dieser Anfang der neunziger Jahre für den Garten des Museums für angewandte Kunst in Wien entworfen hatte.
Aus der Wiener utopischen Architektur der 1960er Jahre kommend, bewegt sich Walter Pichler auf der Schwelle zwischen Architektur, Skulptur und Zeichnung. Wie immer in seinem Werk, sind Bauten nicht nur Architektur, sondern immer auch Kunst. Haus und Plattform sind daher Skulpturen und bilden ein Gesamtkunstwerk, in dem elementare Formen auf höchste technische Präzision treffen und sich autochthone Materialien mit ausgefeiltem Stahlbau verbinden. Dieser Dualismus zwischen Mythos und Präzision oder Technik und Phantasie ist ein unverwechselbares Kennzeichen von Pichlers Werk. Auch die im Museion gezeigten Materialien spiegeln diese Vision des Künstlers wieder: Ausgefeilte technische Detailzeichnungen für den Bau der Plattform stehen hier neben freien Zeichnungen, die mit dem Bleistift oder mit den für Pichler typischen Erdfarben ausgeführt sind.
Kuratiert von Andreas Hapkemeyer