In der 70. Malaktion Wien 19. November 2014 in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman in Wien entstanden üppig pastose, dunkelrote Bilder. Die vier größten davon werden im April in Çanakkale, Türkei in Hermann Nitsch memorial against the war gezeigt. Eine kleine Gruppe von Arbeiten auf Papier wird nun in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman in Innsbruck ausgestellt.Die Aktionsmalerei ist, laut Hermann Nitsch, die visuelle Grammatik des Aktionstheaters auf einer Bildfläche. Vorbereitung der 70. Malaktion. Der Boden der Galerie wird mit Abdeckfolie und Malerfilz bedeckt. Weiße Bahnen speziellen Aquarellpapiers werden darüber gerollt. Nitsch weist an. Er will, dass alles mit dem Papier ausgelegt wird. Dann werden die vorbereiteten Leinwände Stoß an Stoß, wie große Puzzles, zu zwei Rechtecken ausgelegt. Es bleiben nur schmale Pfade rund herum und dazwischen. Josef, Nitschs Assistent, bereitet in einem Dutzend Kübeln und Wannen die Malmaterialien vor, Nitsch beobachtet konzentriert, bestimmt die Farben, die Reihenfolge, die Viskosität. Rührgeräusche, Klappern von Utensilien, Nitschs Pfeifen. Die gepfiffene Partitur seines bevorstehenden Konzerts in Mexiko City liegt wie ein musikalischer Glasperlenvorhang über dem gesamten mehrtägigen Vorbereitungs- und Malprozess der 70. Malaktion.
Josef hilft Nitsch das Malhemd überzuziehen. Stille. Das rhythmische Platschen wässrig dünner Farbe auf die Leinwände. Nitsch dirigiert im Sitzen wo wieviel geschüttet wird, wie mit wie großen Malerbürsten zu verteilen ist. Am nächsten Tag kommt Judith hinzu. Dicke ölige Farbmasse wird aufgebracht. Barfuß auf Knien und mit bloßen Händen verteilen Josef und Judith wie Kinder Schlamm verschmieren. Plötzlich wollen alle mitmachen – die Schüler der Graphischen, die fotografieren dürfen, die GalerieassistentInnen, die Techniker. Nitsch duldet und dirigiert. Dann, Vorsicht wegen der Malpapiere auf den Pfaden! Nitsch setzt selber die Malerbürste ein, wählt grellrote Farbpaste, die Judith und Josef einarbeiten wo Nitsch bestimmt. Ruhe kehrt ein, das Schmatzen der Farbpaste zwischen den Fingern von Judith und Josef und das Klatschen, wenn sie eine Handvoll umverteilen. Nitschs Pfeifen.
Die Ausstellung dann verändert sich permanent. Nasse, große Bilder bleiben am Boden liegen, andere werden gefirnisst, signiert. Später werden die großen aufgehängt, die Papierarbeiten ausgewählt, ausgeschnitten, signiert, fotografiert, Rahmung beraten. Erst beim Ausstellungsabbau werden die letzten Farbkübel verräumt, die Farbspritzer an den Wänden übertüncht.
Was neu ist, müssen sich nicht nur die Künstler erarbeiten sondern auch die Rezipienten. Es ist ein Lernprozess für uns alle. Für die Künstler, die müssen alles machen und für die Kunstbegeisterten, doch auch diese müssen lernen etwas Neues wahrzunehmen. Was ganz selbstverständlich ist. Auszug aus einem Gespräch zwischen Hermann Nitsch und Klaus Thoman in der Ausstellung Hermann Nitsch Levitikus in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Innsbruck 2012.