Von der Bronzezeit bis ins Mittelalter war die Fibel so unentbehrlich wie heute ein Knopf oder Reißverschluss, um die Kleidung zu schließen. Die Fibel galt nicht nur als nützliches Utensil, sondern wurde oft aufwändig verziert mit Prägungen, Einlegearbeiten, Ornamenten oder Perlen. Sie ist eine Mischung aus Sicherheitsnadel und Brosche, gefertigt aus robustem Metall, häufig aus Bronze, aber auch aus Gold. Im Lauf der Jahrhunderte entwickelte sich das besondere Schmuckstück immer mehr zur reinen Zierde und wurde ab dem Mittelalter als kostbare Brosche stolz getragen, nachdem der Knopf immer häufiger die Funktion der Fibel ersetzte. In der Ausstellung »Anziehend — von der Fibel zur Brosche« zeigt das Schmuckmuseum Pforzheim vom 20. November 2015 bis zum 21. Februar 2016 mit rund 100 Spitzenstücken die Geschichte dieser reizvollen Schmuckstücke. Parallel dazu sind bis zum 10. Januar zudem die Ergebnisse des deutschlandweiten Wettbewerbs »Beautiful Mind: ein Schmuckstück für Cranach« zu sehen.»Wir haben sehr viel Ansteckschmuck in der Sammlung. Mit dieser Schau möchten wir ihn ähnlich herausarbeiten wie vor drei Jahren das Thema Ringe, um alle Genres durchzugehen und jede Schmuckform vorzustellen«, erklärt die Leiterin des Schmuckmuseums Pforzheim und Kuratorin der Ausstellung, Cornelie Holzach.
Wie Fibeln getragen wurdenDas Wort Fibel leitet sich vom lateinischen Wort »fibula« ab, das Spange, Klammer, Schnalle oder eben Schließe bedeutet. Denn die ungenähten Gewänder in der Antike wurden mit Fibeln zusammengehalten. Erste Formen der Fibel gab es schon in der Bronzezeit. Bis ins Mittelalter wurde das Schmuckstück in vielerlei Variationen genutzt und aus verschiedenen Edelmetallen hergestellt.
Zu den ältesten Exponaten dieser Sonderausstellung zählen eine bronzene Fibel aus Mittelitalien aus der Zeit um 800 v. Chr. und eine vorkeltische Gewandspanne aus Gold. Dieses Prachtstück stammt aus Irland und entstand 700 Jahre v. Chr. Die bronzene Fibel schimmert in einer wunderschön grünen Patina und hat die typische Form mit Halbkreisschlaufe und Nadel. Anhand dieses Exponats lässt sich die Handhabung sehr gut ablesen. Dagegen ist die goldene Gewandspange eine formschöne Schließe mit zwei an einer halbrunden Schlaufe hochgebogenen Kreisen, durch die das Gewand gesteckt wurde. »Wir werden auch Zeichnungen und Fotos ausstellen, auf denen die Besucher sehen können, wie die jeweiligen Fibeln getragen wurden«, erläutert Cornelie Holzach.
Manche Fibeln wurden gebogen oder in Kleiderschlitze gesteckt. Je nach Stofffülle wurde der Umhang mit Fibeln gerafft, gehalten oder geschlossen. Im Spätmittelalter kam zudem die Agraffe auf, mit der zwei Kleidungsstücke zusammengehalten werden konnten. Es gab Agraffen, die fest an die Kleidung angenäht wurden und über Haken und Ösen die Stücke miteinander verbanden, andere wurden an beiden Kleidungsstücken eingehakt und konnten komplett abgenommen werden. Zu sehen ist unter anderem eine Agraffe, die um 1620 gefertigt und als prächtig glitzernder Blumenstrauß aus Gold, Diamanten, Email und leuchtenden Smaragden geformt wurde. Einen solchen Blickfang steckten sich die Herren gerne auch einmal an den Hut.
Vom Ansteckschmuck zur Skulptur am KörperAus der Mode kamen Fibeln erst mit der Nutzung des Knopflochs. Zwar gab es bereits in der Antike Knöpfe, diese wurden jedoch nur zur Zierde getragen. Im 13. Jahrhundert kamen die Knopflöcher auf, und Knöpfe wurden vermehrt zum Schließen der Kleider verwendet. Die Veränderung der Mode — hin zu engeren Kleidern — trug maßgeblich dazu bei, dass mehr Knöpfe als Fibeln eingesetzt wurden. Diese verlor somit ihren praktischen Nutzen und emanzipierte sich zur schmückenden Brosche — kein barockes Damenmieder, kein Herrenhut ist ohne diesen prächtigen Besatz denkbar.
Ob Gold, Rubine, Topas oder eben Diamanten: Broschen sind oft aus besten, teuren Materialien und reich verziert. Sie glitzern und werten das Kleidungsstück glamourös auf und gehören bis heute zu den beliebtesten Schmuckstücken. Wenn Marilyn Monroe haucht: »Diamonds are a girl’s best friend«, dann dachte sie möglicherweise auch an diamantenbestückte Broschen, die so unwiderstehlich am Kleid glänzen. Mit der Zeit änderte sich höchstens der Ort dieses Ansteckschmucks, Broschen an sich haben nichts an Beliebtheit eingebüßt.Schmuckdesigner sehen darin eine große Herausforderung und Gestaltungsbandbreite: Sie sind die einzigen Schmuckstücke, bei denen man sich gestalterisch auf der Fläche bewegt, sie kann reliefartig bis hin zu skulpturalen Aufbauten in den Raum greifen und dem Träger wie dem Betrachter multiple Ansichten bieten. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehen sie als eigene Kunstwerke ins Rennen und weit über reinen Ansteckschmuck hinaus.Als Skulptur am Körper bieten sie vielfältige künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten. So ist in der Ausstellung zum Beispiel eine Brosche mit einem Baumpilz von Susanne Wolbers zu sehen, um den sich ein wuscheliger Pelzbesatz schmiegt. »Geheimnis aus der Welt« nennt Tamara Grüner ihre Brosche, die sie aus einem geschwärzten Messingmöbelgriff formt. An dem kleinen Griff hängen glockenförmige Elemente, die aus dem Inneren in geheimnisvollem Rot leuchten und beim Tragen sanft schwingen.
Es ist eine »ansteckende« Sonderausstellung, bei der sich Formfreude, Vielfalt und die Verwendung von Fibeln und Broschen über die Jahrtausende hinweg anhand ausgewählter Exemplare entdecken lassen.