STUTTGART. Feine und seltene Stickereien aus einer alten, deutschen Sammlung stehen im Blickpunkt der 672. Auktion von Sammlerteppichen & Ethnologica, die am 13. September 2011 bei Nagel stattfindet. Die ersten Stücke wurden bereits vor 1910 erworben und befanden sich über hundert Jahre im Besitz einer Familie, in der über mehrere Generationen hinweg am Aufbau und an der Pflege der Sammlung gearbeitet wurde. Im Zentrum des Interesses standen seltene Stickereien des 18. und 19. Jahrhunderts wie sie in Anatolien, Persien und Usbekistan auf Servietten, Schals, Einschlagtücher und Zierdecken angebracht wurden. Darunter befinden sich Rescht-Stickereien aus Nordpersien, osmanische Yagliks, Boktsches und eine Auswahl an Gebetsteppichen (Schätzpreise von 300 bis 3.000 €). Das Profil dieser Herbstauktion wird außerdem von einer ganzen Reihe von Flachgeweben bestimmt. Dabei handelt es sich um anatolische Kelims, unter anderem aus den Regionen Bergama, Konya und Malatya, sowie um kaukasische Sumachs, persische Kelims der Schahsavan-Nomaden wie Kelims mit den städtischen Provenienzen Bidjar und Senneh.
Aus dem Konya-Gebiet stammt zum Beispiel ein aus Hanf gewirkter Kelim, der als Decke für Dürrobst verwendet wurde. Der minimalistische Dekor in Schwarz und inzwischen zu Olivgrün und zartem Rosé verblassten Farben wie auch die lebhafte Struktur verleihen diesem Stück eine sehr moderne Wirkung (Maße 360 x 165 cm, Schätzpreis 500 €).
Außergewöhnlich ist auch eine Wiegendecke der Konya-Region. Sie zeigt eine intensiv rote Henna-Färbung und eine Stickerei mit winzigen weißen Perlen (Maße 156 x 101 cm, Schätzpreis 400 €). Für Sammler anatolischer Knüpfarbeiten stehen in dieser Auktion die Gebetsteppiche im Vordergrund (Uschak, Gördes, Bursa, Konya, Mucur). Kaukasen-Liebhaber dürften sich an den Exemplaren einer norddeutschen Sammlung freuen (Karachoph, Lori Pampak, Talisch, kaukasische Gebetsteppiche). Herausgegriffen sei ein Kasak Karachoph des 19. Jahrhunderts, der durch seine kräftigen, klaren Farben auffällt und eine raffinierte Variante des monumentalen Medaillons zeigt. Das Zentral- Oktagon ist hier nicht wie üblich in klarer Silhouette wiedergegeben, sondern als Mäander, der nach außen weiß und nach innen grün ein reziprokes Muster mit dem roten Grund eingeht. Das Angebot der Auktion wird abgerundet durch eine Vielzahl weiterer Stücke (seltene Gebetsteppiche der Provenienzen Bidjov und Saliani, ein schöner Lesghi aus dem Daghestan-Gebiet u.a.) aus verschiedenen kleinen Sammlungen. Bei den Teppichen aus Persien stehen sowohl Manufakturteppiche der klassischen Provenienzen Isfahan, Ferragan, Saruk, Bidjar und Keschan sowie Satteldecken, Taschenfronten und Teppiche der Gaschgai, Kordi oder Beludschen im Angebot. Turkmenen-Sammler finden insbesondere bei den Knüpfarbeiten der Jomud interessante Exemplare in der Auktion, von denen einige Stücke bei der 8. ICOC in Philadelphia ausgestellt waren. Im zweiten Teil der Auktion mit Ethnologica zählen ein aus Khorasan stammender, mit Tierkreiszeichen verzierter Bronzekessel des 12./13. Jahrhunderts (Höhe 17 cm, Schätzpreis 6.000 €) sowie Keramiken des 10. bis 17. Jahrhunderts aus Persien und Iznik zu den Höhepunkten. Darunter ein eleganter Krug des 17. Jahrhunderts (Höhe 25 cm, 3.000 €), eine schön gezeichnete Fliese des 16. Jahrhunderts (Maße 23 x 28 cm, 6.000 €) und ein prächtig mit Segelschiffen dekorierter Humpen, 2. Hälfte 16. Jahrhundert (Höhe 19 cm, 50.000 €).
Vorbesichtigung: 10. bis 12. September 2011
Pressekontakt: Beate Kocher-Benzing