Im Zuge der kürzlich vollendeten Restaurierung der Eisenstädter Gnadenkapelle konnte vom Metallrestaurator bei einer barocken Tür Erstaunliches freigelegt werden Die Gnadenkapelle Maria Einsiedeln wurde gemeinsam mit dem künstlich aufgeschütteten Kalvarienberg als exemplarisches Beispiel hochbarocker, gegenreformatorisch geprägter Frömmigkeit im Auftrag des Fürsten Paul Esterházy (1635 – 1713) zu Beginn des 18. Jahrhunderts errichtet. Dem Besucher bietet sich heute in Eisenstadt-Oberberg der bemerkenswerte Anblick einer reichen hügeligen Dachlandschaft, an der höchsten Kuppe bekrönt von der Kreuzkapelle; im Osten erschließt sich über eine Freitreppe der 1707 geweihte Kuppelbau der Gnaden- oder Ölbergkapelle.
Im Zentrum der Ausstattung der Gnadenkapelle befindet sich das barocke Standbild der Gnadenmadonna, die um 1700 als Nachbildung der „Maria Einsiedeln“ in der Schweiz geschaffen und im fürstlichen Badhaus in Großhöflein aufgestellt wurde. Da sie auf wunderbare Weise Überfälle der Kuruzzen und einen Brand unversehrt überstanden hatte, wurde sie 1711 in die Ölbergkapelle übertragen und zum Ziel zahlreicher Wallfahrten.
Das Gnadenbild wurde bei der heurigen Innenrestaurierung ebenso berücksichtigt wie die übrige Ausstattung und die Raumschale. Die umfassenden Arbeiten, etwa die Restaurierung des Stuckmarmors und der Flachkuppel sowie der reichen Ausstattung der Kapelle sind mittlerweile vollendet. Am 30. Oktober wurde im Rahmen einer feierlichen, von Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics zelebrierten Messe das 300-Jahr-Jubiläum der Übertragung des Gnadenbildes in die Kapelle begangen.
Im Rahmen der Instandsetzungsmaßnahmen wurden auch die zahlreich vorhandenen Türen aus der Erbauungszeit restauriert. Bei dieser Gelegenheit fand sich in einem mächtigen schlichten Kastenschloss des 18. Jahrhunderts ein raffiniert gestaltetes dreipassiges Türschloss mit reicher Verzierung. Martina Pall, Leiterin der Hanns Schell Collection, dem Museum für Schloss, Schlüssel, Kästchen und Eisenkunstguss in Graz, zeigte sich angesichts der Qualität und der aufwändigen Verarbeitung begeistert. Ihrer Meinung nach könnte es sich um das Meisterstück eines derzeit nicht identifizierbaren Handwerkers handeln. Das wahrscheinlich in der Zeit der Kapellenweihe 1707 entstandene Schloss funktionierte folgendermaßen: Die fünf Riegel des großen Türschlosses konnten mithilfe des Griffhebels an der linken Seite, der mit einer Figur in Form eines orientalisch gewandeten Wächters versehen ist, geöffnet werden. Dabei wurde der Griffhebel, der zusätzlich mit einem Mascaron (Maske) versehen ist, vom Schloss weggezogen. Mit dem Riegelhebel, der leicht nach oben gedrückt wurde – auch er ist mit einer Wächterfigur in orientalischem Gewand geschmückt – konnten die Riegel wieder von innen geschlossen werden. Von außen konnte das Schloss mit einem großen, erhalten gebliebenen Schlüssel auf- und zugesperrt werden. Der dreipassige Schlosskörper wird von einer Messingplatte abgedeckt, die mit Sternenapplikationen und ziseliertem Rankenwerk dekoriert ist. Auch die über den Umschweif ragende Grundplatte ist reich gestaltet: In Rankenform durchbrochen und graviert. Noch in barocker Zeit wurde das aufwändige Schloss, das nach wie vor funktionstauglich ist, in einem einfachen Kasten verborgen.
In unserer schnelllebigen, technisierten Zeit ist der Aufwand, der für derartige Schlösser in barocker Zeit betrieben wurde, unvorstellbar. Schloss, Schlüssel und Beschlag unterlagen nicht nur dem rein technischen Zweck als Schutzmittel gegen widerrechtliches Öffnen, sondern als Teil der Raumkunst auch dem Stilwillen der jeweiligen Epoche. Bereits in der Gotik reicher gestaltet, zeigen Schlosskästen der Renaissance den später für die Barockzeit charakteristischen kleeblattförmigen Umschweif der Schlosskästen. Die Schlossdecke ist häufig durchbrochen oder geätzt und mit Groteskenornament verziert. In der Barockzeit erfolgten keine wesentlichen technischen Neuerungen mehr, die Schlösser wurden aufgrund der vielen Riegel und Fallen immer monumentaler – so konnte bei großen Truhen das Riegelwerk bis zu 26 Riegel aufweisen. Die Anfertigung derartiger Meisterstücke trieb manchen Handwerker zur Verzweiflung. Duhames du Monceau vermerkt im 1767 veröffentlichten Werk „Die Schlosserkunst“: „Die Arbeit währte allemal sehr lange“. Der Übersetzer seines Werks Daniel Gottfried Schreber ergänzt mitleidig: „Man weiß noch, daß solche Candidaten des Meisterrechts, welche man auf diese und derselben ähnliche Art mit dem Meisterstücke gepeiniget hat, die Arbeit stehen gelassen haben, und aus Desparation davon gelaufen sind.“
Weiterführende Literatur:Martina Pall, Prunkstücke: Schlüssel, Schlösser, Kästchen und Beschläge, Graz 2005 Michael Goerig, Historische Schlösser und Schlüssel von A bis Z, Berlin 2006