„Wer ein einzelnes Blatt malen kann, kann die ganze Welt malen.“Dieser einprägsame Satz von John Ruskin ist für unser heuriges Kulturjahr in der Künstlerstadt Gmünd zu einer Art Leitmotiv geworden. Denn mit Maria Sibylla Merian (1647-1717) betritt eine begnadete Malerin, Zeichnerin und Kupferstecherin, aber ebenso großartige Naturwissenschafterin die Bühne unserer kleinen Stadt. In Zusammenarbeit mit dem Kunstkabinett Strehler und dem Kunsthistorischen Museum Wien dürfen wir Ihnen in der Stadtturmgalerie eine umfangreiche Auswahl an Originalkupferstichen und Aquarellumdrucken präsentieren. In Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland ist Merian keine Unbekannte: Ihre fantastischen, detailgenauen Bilder von Blumen, Schmetterlingen und exotischen Insekten sind hier ganzen Generationen in Schulbüchern, auf Briefmarken oder auch auf der 500 DM-Banknote begegnet. Ihrer Zeit weit voraus, erforschte Merian mit empirischen Methoden als erste Frau die Metamorphose der Schmetterlinge und hielt sie detailgenau in all ihren Stadien (Ei, Raupe, Puppe, Schmetterling) auf ihren berühmten Biotopbildern fest. Bis heute übt ihr Werk Einfluss auf nachfolgende Künstlergenerationen weltweit aus und so war es uns ein Anliegen, Ihnen einige dieser herausragenden zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler im heurigen Kultursommer nicht nur in der MERIAN Ausstellung selbst, sondern auch in den vielen anderen Galerien und Gastateliers der Stadt zu präsentieren.
Sie werden staunen, wie Blumen und Schmetterlinge, tropische Gewächse und Insekten das Ausstellungsgeschehen prägen werden, sei es in Zeichnungen und Ölmalereien, als Fotografien und Hinterglasbilder, als Skulpturen, Textil- und Nature-Art Objekte. Der Kulturkalender gibt Ihnen bereits einen kleinen Vorgeschmack auf diese luftige, duftige Kunstwelt, auf die wir uns heuer alle in Gmünd freuen!
Schon um 1700, also zu Lebzeiten Merians, wünschte sich der große deutsche Philosoph und Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibnitz ein „Theatrum naturae et artis“, eine Zusammenschau von Naturwissenschaften und Künsten. Ganz in diesem Sinne haben wir heuer auch Kooperationen mit dem Österreichischen Naturschutzbund und dem Naturwissenschaftlichen Verein für Kärnten gesucht und bieten Ihnen allerhand Interessantes auch in diesem Bereich an.
Und wenn Schönheit zwar kein Kriterium in der Kunst ist, so ist sie aber auch kein Ausschließungsgrund. Schönheit ist mehr als Gefälligkeit und mehr als pure Handwerkskunst. Ein schönes Kunstwerk hat immer etwas nicht Alltägliches, nicht ganz Glattes, enthält immer ein Geheimnis, eine Irritation, eine Rätselhaftigkeit, die zum Nachdenken anregt und den Betrachter auf einer ganz persönlichen Ebene anspricht. Vielleicht brauchen wir die Schönheit gerade heuer, nach diesen schwierigen Jahren, in besonderem Maße für die Seele.
Wir freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen mit Ihnen in der Künstlerstadt Gmünd!
Erika Schusterund das Team der Kulturinitiative Gmünd