Zur Klärung der strittigen Frage, ob der Galerist Alfred Flechtheim ein Gemälde von Juan Gris (1887-1927) unter dem Druck der Verfolgung durch die Nationalsozialisten verkaufen musste, ruft die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen die Limbach- Kommission an. Das bei Differenzen über die Rückgabe von Kulturgütern beratende Expertengremium soll klären helfen, ob für die NRW-Landesgalerie eine Restitution des Stilllebens „Geige und Tintenfass“ (1913) an die Erben des 1937 im Londoner Exil gestorbenen Galeristen Flechtheim geboten ist. Die Kunstsammlung NRW hatte das Gris-Werk 1964 im internationalen Kunsthandel erworben.Anders als die Erben Flechtheims, die in ihrem Restitutionsersuchen das 1934 in London an die Sammlerin Dorothea Ventris verkaufte Bild als einen durch die NS- Verfolgung bedingten Verlust des Kunsthändlers bewerten, sieht die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen keinen Grund für die Rückgabe. „Bei unseren seit 2009 laufenden Forschungsarbeiten haben wir zwar viele neue Details zur Provenienz des Bildes entdeckt. Trotzdem haben sich keine Dokumente gefunden, wonach das Gris-Gemälde zum Zeitpunkt des Londoner Verkaufs zweifelsfrei Eigentum Flechtheims war“, sagte die Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Marion Ackermann: „Die Recherche hat gezeigt, dass das ab 1925 in der Galerie Flechtheim nachzuweisende Bild durchaus auch Kommissionsware oder gemeinsamer Besitz mehrerer Galeristen hat sein können.“ Zudem geht die Kunstsammlung davon aus, dass der Verkauf 1934 in London im sicheren Ausland geschehen ist.
Intensive Recherchen, unter anderem in Werkverzeichnissen oder in öffentlichen und privaten Archiven im In- und Ausland, hätten keine weitere Klärung der offenen Fragen erbracht, schilderte Ackermann. Die lückenhafte Dokumentation von Kunstwerken mit Flechtheim-Provenienz mache eine eindeutige Beurteilung der Eigentumsfragen unmöglich. Ackermann: „Wegen dieser Unklarheiten halten wir es jetzt für angemessen, in Übereinstimmung mit den Flechtheim-Erben die Limbach-Kommission um ihre Bewertung zu bitten.“
Bei einem anderen Restitutionsersuchen der Flechtheim-Erben, das Paul Klees Gemälde „Federpflanze“ (1919) zum Gegenstand hat, sieht das Museum keinen Grund, die Beratende Kommission anzurufen. Nach den Nachforschungen der Kunstsammlung NRW war das kleinformatige Klee-Gemälde nach dem Tod Flechtheims 1937 aus dessen Nachlass in den Besitz einer Londoner Galerie übergegangen und nicht schon zu Lebzeiten Flechtheims verkauft worden.