Leihgaben renommierter Museen treten im Ferdinandeum in der neuen Reihe „Zu Gast aus aller Welt“ mit hauseigenen Exponaten in DialogINNSBRUCK. „Zu Gast aus aller Welt“ nennt sich ein neue Präsentationsreihe im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, in dem die Dauerausstellung zum Schauplatz einmaliger Begegnungen wird. Leihgaben renommierter Museen oder bisher verborgene Zimelien aus Privatbesitz treten mit hauseigenen Exponaten in Dialog und eröffnen neue Perspektiven.
Den Auftakt bilden zwei hochkarätige Leihgaben aus dem Museum Schnütgen in Köln: Die romanischen Assistenzfiguren der Triumphkreuzgruppe aus dem ehemaligen Benediktinerinnenstift Sonnenburg bei St. Lorenzen im Pustertal kehren temporär nach Tirol zurück. Die überlebensgroßen Skulpturen sind Ende des 12. Jahrhunderts entstanden und stellen Maria und Johannes dar. Im Roten Saal werden sie mit stilistisch eng verwandten Schätzen des Ferdinandeum bis 1. März 2015 präsentiert.
Beeindruckende Wirkung mittelalterlicher Ensemble „Dr. Moritz Woelk, Direktor des Museum Schnütgen in Köln, war schnell für die Idee zu gewinnen, die beiden Figuren der Sonnenburger Triumphkreuzgruppe vier Monate lang gemeinsam mit dem Gaaler Kruzifix und den Wenner Propheten aus den Beständen des Ferdinandeum auszustellen“, zeigt sich PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, über die neue Präsentation im Roten Saal erfreut. „Mit unserem neuen Format ,Zu Gast aus aller Welt‘ zeigen wir herausragende Leihgaben, die in Bezug zu unseren Sammlungen stehen. Spannende Aspekte der Kunstgeschichte unseres Landes werden dadurch greifbar“, so Meighörner weiter.
Triumphkreuzgruppen sind ab Ende des 11. Jahrhunderts in ganz Europa verbreitet und zählen zu den frühesten beweglichen Monumentalskulpturen in mittelalterlichen Kirchenräumen. Sie versinnbildlichen die Erlösung der Menschheit durch den Opfertod Christi und dessen triumphalen Sieg über den Tod. Für die Gläubigen gut sichtbar, befanden sie sich an zentraler Stelle in der Nähe des Kreuzaltars oder auf einem hoch oben in die Architektur eingespannten Triumphbalken. Sie zeigen Jesus am Kreuz, flankiert von seiner Mutter Maria und dem Evangelisten und Apostel Johannes. Ensembles dieser Art sind jedoch über die Jahrhunderte selten als Einheit vor Ort verblieben. Ihre beeindruckende Wirkung kann im Ferdinandeum durch die Präsentation der Figuren der Sonnenburger Triumphkreuzgruppe neben dem um 1170 datieren sogenannten Gaaler Kruzifix, das ursprünglich zur Kreuzigungsgruppe der ehemaligen Augustinerchorherren-Stiftskirche in Seckau (Steiermark) gehörte, nachempfunden werden.
Stilistische ÄhnlichkeitenDie Assistenzfiguren sind durch ihre blockhafte Form, die strenge Frontalität und den hieratischen Ausdruck den Propheten aus Wenns im Pitztal (um 1200) ähnlich. Auch hinsichtlich der kantigen Konturen der Gesichter und der Gestaltung der Gewänder zeigen sie Gemeinsamkeiten auf. Die beiden Figuren aus Köln erhielten im Zuge einer Restaurierung in den 1930er oder 1940er Jahren eine dunkle Patina. Durch die teilweise Freilegung der Oberfläche bei Maria konnte die ursprüngliche Farbgebung und die originale Blickrichtung der Skulpturen – nämlich nicht Richtung Boden, sondern geradeaus – festgestellt werden.
Reise von Südtirol nach Köln Unbekannt ist, warum die Assistenzfiguren aus dem ältesten Nonnenkloster in Südtirol nach Köln kamen, während sich das dazugehörige Kruzifix noch im Pustertal befindet. Das Kreuz wurde allerdings im 16./17. Jahrhundert erheblich verändert, wodurch es kaum noch den Charakter eines mittelalterlichten Bildwerks aufweist. Nachgewiesen ist, dass im Zuge der Säkularisation des Klosters im Jahr 1785 die vollständige Figurengruppe in die benachbarte Kirche St. Johann im Spital überstellt wurde. Über Südtiroler Privatbesitz gelangten die beiden Assistenzfiguren 1891 auf eine Auktion in München und von dort in das Kölner Wallraf- Richartz Museum. 1929 gingen sie in den Bestand des Museum Schnütgen über.