Umfangreichste Ausstellung seit 25 Jahren in Kooperation mit der Menil Collection in HoustonZum hundertsten Geburtstag von Wols (Wolfgang Schulze, 1913–1951) zeigen die Kunsthalle 1913– Collection „Wols: Retrospektive“. Bremen und die Menil Collection in Houston die Ausstellung „Wols: Die Retrospektive“. Es ist Werke. die umfangreichste Präsentation seit fast 25 Jahren und umfasst über 200 Werke. Die Kuratoren, Dr. Ewald Rathke und Toby Kamps, präsentieren den Künstler als führenden Protagonisten der Nachkriegs-Avantgarde. Nachkriegs-Avantgarde.
Vom 13. April bis zum 11. August 2013 präsentiert die Kunsthalle Bremen „Wols: Die Retrospektive“ und damit einen neuen Blick auf das Werk des Künstlers. Erstmals wird das Œuvre von Wols unabhängig von seiner tragischen Biografie präsentiert. Stattdessen steht in dieser Retrospektive das Werk von Wols im Mittelpunkt, ganz im Sinne des Künstlers selbst: „Im Sehen soll man sich nicht darauf versteifen, was man aus dem, was man sieht, machen könnte. Man soll sehen, was ist.“ (Wols. Die Aphorismen, hrsg. von Hans-Joachim Petersen, München 2010, S. 13, Aphorismus 9) Bei dieser neuen Betrachtungsweise wird die außergewöhnlich formale Vielfalt seines Werks deutlich, das Fotografien, Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafiken sowie Gemälde umfasst. Die stilistische Entfaltung seiner Motive durchlief innerhalb von einer Schaffensphase von nur rund 15 Jahren eine spektakuläre Wandlung: Die frühen Arbeiten beinhalten vom Surrealismus geprägte Sujets, die zwischen Realität und Traum stehen. Im weiteren Verlauf seiner Entwicklung werden hingegen Bezüge zur Realität aufgegeben und es entsteht eine neue Form gegenstandsloser Kunst, die als Informel bekannt wurde. Wols gilt als bedeutender europäischer Wegbereiter des Informel und als diesen würdigt ihn die Kunsthalle Bremen in der umfangreichen Retrospektive. Anhand von einer umfassenden Werk-Auswahl und einer chronologischen Präsentation ermöglicht die Bremer Retrospektive diese konsequente Entwicklung des Künstlers im Detail nachzuvollziehen.
VielfältigkeitWols Vielfältigkeit Ausgangspunkt der Retrospektive ist eine Auswahl von Schwarz-Weiß- Fotografien aus den 1930er und 1940er Jahren. In diesen Arbeiten lässt sich bereits Wols‘ Entwicklung hin zum Gegenstandslosen erahnen. Durch das surreale Arrangement verlieren die figurativen Motive ihre ursprüngliche Bedeutung und fordern zu einer neuen Wahrnehmung der dargestellten Objekte auf. Mitte der 1930er Jahre entstehen erste Zeichnungen und Aquarelle unter dem Einfluss des Pariser Surrealismus. Hier kündigt sich seine intensive Suche nach neuen Bildwelten und Schaffensprozessen an.Im Laufe der Jahre wird Wols‘ Bildsprache zunehmend abstrakter. 1946 wendet er sich der Ölmalerei zu. In den reliefartigen Oberflächentexturen dieser Werke findet seine außergewöhnliche Formsprache ihren Höhepunkt. Der Charakter der Werke beruht auf den übereinandergelegten Farbschichten und auf der Grattage-Technik, mit der Wols die oberste Schicht bearbeitete. In allen Werkphasen tritt seine Wandlungsfähigkeit und Kreativität durch die Motive, Strukturen und Texturen zutage. Auch in dieser Hinsicht ist der Künstler im wahrsten Sinne des Wortes ein Avantgardist.
Wols zwischen Surrealismus und Informel In Paris stand Wols in Kontakt mit Max Ernst, Yves Tanguy und Alberto Giacometti. Die Internationale Surrealismus Ausstellung 1938 in Paris wirkte wie ein Katalysator auf die Entwicklung von Wols. Sein Hauptinteresse in dieser Zeit galt der Schaffung visionärer Bilder, die Traumbildern nahestanden, was vor allem in seinen Zeichnungen zum Tragen kommt. Auch der Betrachter soll sich, nach Ansicht von Wols, die Kunstwerke nicht durch Analyse und wissenschaftliches Studium aneignen, sondern sich auf die eigenen Empfindungen verlassen: „Schwierigkeiten meine Zeichnungen zu verstehen? … fühle sie … Weder Analysen noch Erklärungen bitte!“ (Wols. Die Aphorismen, 2010, S. 41, Aphorismus 103) An den späten Arbeiten ab 1945/46, vor allem an den Gemälden, wurde der Begriff des Informel, der auf „Formlosigkeit“ verweist, festgemacht. Wols beschäftigt sich zunehmend mit expressiven Gesten sowie mit Oberflächenstrukturen und weniger mit Motiven, die in Analogie zur Realität stehen. Seine Werke vermitteln in der Betrachtung intensive, oft beinahe physische Erfahrungen, die sowohl als lyrische Kürzel für einen Seelenzustand funktionieren und gleichzeitig Leiden, Verzweiflung aber auch ein Hochgefühl und Beschwingtheit thematisieren. Die gegenstandslosen Werke sind jedoch nicht das Ergebnis eines spontanen oder zufälligen Arbeitsprozesses. Wols‘ Arbeitsweise war gekennzeichnet durch einen kontrollierten, ruhigen Gestaltungsprozess, bei dem er ein formales Vokabular verwendete, das er immer wieder neu kombinierte.
Werke der AusstellungDiese Retrospektive ist die umfangreichste Wols-Ausstellung seit fast 25 Jahren. Zum hundertsten Geburtstag des deutschen Künstlers präsentieren die Kunsthalle Bremen und die Menil Collection über 200 Werke, die Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien und illustrierte Bücher umfassen. Erstmals werden alle drei Arbeiten aus der sogenannten Circus Wols -Werkgruppe präsentiert. Mit insgesamt 36 Gemälden wird fast die Hälfte des malerischen Œuvres des Künstlers ausgestellt. Eine Anzahl von Werken aus Privatbesitz wird zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Die Ausstellung deckt Wols‘ komplette Schaffensphase von rund 15 Jahren bis zu seinem Tod 1951 ab. Dr. Ewald Rathke, Gastkurator und ausgewiesener Wols- Experte, traf die Werkauswahl für die Bremer Ausstellung.
Den Grundstock der Präsentation bilden die reichen Bestände, die sich in der Menil Collection in Houston, in der Sammlung der Karin und Uwe Hollweg Stiftung in Bremen und einer weiteren deutschen Privatsammlung befinden. Weitere zahlreiche Leihgaben stammen aus Privatbesitz und aus Institutionen wie dem Museum of Modern Art in New York, dem Centre Georges Pompidou in Paris, dem Kunsthaus Zürich, den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München und den Staatlichen Museen zu Berlin. Die Ausstellung wandert in veränderter Form im Anschluss an die Präsentation in der Kunsthalle Bremen zur Menil Collection in Houston und wird dort vom 13. September 2013 bis zum 12. Januar 2014 gezeigt.
Kurzbiografie WolsWols wurde 1913 in Berlin als Alfred Otto Wolfgang Schulze geboren.Sein Künstlername bildet sich aus den ersten Buchstaben von Wolfgang Schulze und ist auf ein Telegramm von 1937 zurückzuführen, das seinen Namen auf Wols verkürzte. Ab 1931 arbeitete er einige Monate bei der Dresdener Fotografin Genja Jonas. 1932 verließ er Deutschland, und lebte, abgesehen von einem zweijährigen Aufenthalt in Spanien, in Frankreich. Lange Zeit galt er als staatenlos. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war Wols über ein Jahr in diversen Lagern interniert. Neben ärmlichen Lebensumständen kämpfte Wols zunehmend mit Alkoholabhängigkeit und litt in den letzten Lebensjahren unter gesundheitlichen Problemen. Er wurde erst im Jahr 1947 durch eine Ausstellung in der Pariser Galerie René Drouin einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Pariser Galerie René Drouin einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.Nach seinem Tod im Jahr 1951 war Wols auf den ersten drei documenta-Ausstellungen (1955, 1959, 1964) und 1958 auf der Biennale in Venedig vertreten. Er starb 1951 an einer Lebensmittelvergiftung und wäre am 27. Mai 2013 hundert Jahre alt geworden. Er wurde auf dem berühmten Pariser Friedhof Père Lachaise beerdigt. (ca. 7.400 Zeichen)
KatalogIm Hirmer Verlag erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache mit Texten von Dr. Ewald Rathke, Toby Kamps, Patrycja de Bieberstein Ilgner und Katy Siegel. Ca. 29 Euro