Mit der neuen Sonderausstellung „Napoleons Silberschatz” führt das Archäologische Museum Hamburg seine Besucher in eine fast vergessene Epoche, in der Hamburg jahrelang von französischen Truppen besetzt gewesen ist: die Hamburger Franzosenzeit von 1806 bis 1814. Originale Exponate und Berichte von Zeitzeugen lassen vom 7. Mai bis 14. September die Geschehnisse aus dieser Zeit im Museum wieder lebendig werden. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht ein gewaltiger Münzschatz aus annähernd 10.000 Silbermünzen, der vor 200 Jahren in den Kriegswirren auf der Insel Wilhelmsburg vergraben worden ist. Erst 1993 kommt dieser Schatz bei Bauarbeiten wieder zutage. Die Experten des Archäologischen Museums Hamburg haben den Münzfund nun wissenschaftlich ausgewertet und präsentieren ihre Ergebnisse im Rahmen einer Sonderausstellung. Das Jahr 2014 könnte dafür passender kaum sein, jährt sich doch in diesem Jahr der Abzug der Franzosen aus Hamburg zum zweihundertsten Mal. Ein spannendes Veranstaltungsprogramm wird die Ausstellung begleiten.Franzosenzeit in HamburgZwischen 1806 und 1814 war „Hambourg” zeitweise eine französische Stadt im Kaiserreich Napoleons. Bis zu 25.000 Soldaten zogen in diesen Jahren in die Stadt ein und wurden hier einquartiert. Unter der französischen Herrschaft hatten sich in Hamburg umfangreiche Veränderungen und Umgestaltungen des gesellschaftlichen Lebens sowie der wirtschaftlichen, administrativen und kulturellen Verhältnisse vollzogen. Die von Napoleon eingeführten Gesetze und Reformen in der Verwaltung hinterließen tiefe Spuren. Wie erlebten die Menschen in Hamburg diese Zeit – Besatzung, Fremdherrschaft, Kontinentalsperre, Befreiungskriege – vor allem aber die politische Zuordnung zum französischen Herrschaftsbereich?
Die Ausstellung zeigt, welche Relikte des französisch-deutschen Transfers von Kultur und Ideen sich noch heute im Alltag finden lassen. Dokumente und zeitgenössische Exponate erzählen aus der Vergangenheit und decken so Stück für Stück die Spuren auf, die dieser bewegte Abschnitt der europäischen Geschichte im heutigen Hamburg hinterlassen hat.
Der Münzfund von WilhelmsburgEin besonders eindrucksvolles Zeugnis der Hamburger Franzosenzeit ist ein Münzschatz, der vor 200 Jahren auf der Insel Wilhelmsburg vergraben worden ist: 8795 Münzen und ein Rechenpfennig, in Leinentücher gewickelt und in einem Holzeimer versteckt, kommen 1993 bei Arbeiten des Kampfmittelräumdienstes zutage. Es handelt sich damit um den größten Münzschatz, der jemals in Hamburg gefunden worden ist.
Die beiden ältesten Geldstücke stammen aus Brandenburg und datieren in das Jahr 1689, die jüngste Münze zeigt Jerôme Bonaparte, den Bruder Napoleons und König von Westphalen, aus dem Jahr 1809. Die jüngsten Münzen geben zugleich Aufschluss, wann der gesamte Fund in die Erde gelangt sein muss. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Schatzvergrabung in Zusammenhang mit den kriegerischen Ereignissen dieser Zeit steht. Nach der Schlacht bei Leipzig hatten russische Truppen im Frühjahr 1813 die Franzosen kurzzeitig aus Hamburg vertrieben und auch Wilhelmsburg erobert. Sie mussten die Insel allerdings bald wieder räumen. Erst 1814 gaben die Franzosen Wilhelmsburg endgültig auf. Zuvor ist das Geld versteckt worden und ganz offensichtlich hatte derjenige, der die Münzen vergraben hat, keine Möglichkeit mehr, seinen Schatz wieder zu heben.
Der Münzfund hat durch seine einzigartige Zusammensetzung eine große geldgeschichtliche Bedeutung. Obwohl es aus der Zeit zwischen 1800 und 1830 eine Reihe weiterer Münzfunde aus dem norddeutschen Raum gibt, ist der Fund von Wilhelmsburg bei weitem der größte. Der Schatz spiegelt als herausragendes Zeitdokument die historischen Ereignisse der Franzosenzeit in diesem Raum.
Der Münzfund wurde nun von den Experten des Archäologischen Museums Hamburg wissenschaftlich bearbeitet: Die Münzen wurden restauriert, fotografisch dokumentiert und digital in einer Datenbank erfasst. Im Rahmen der Ausstellung wird der Fund erstmals öffentlich präsentiert.
Katalog und Kurzgeschichten zur AusstellungDer Verlust des Münzschatzes war für den damaligen Eigentümer sicher dramatisch, für die Wissenschaftler des Archäologischen Museums Hamburg ist er jedoch ein Glücksfall: Die zusammengetragenen Ergebnisse der Münzauswertung sind nicht nur in die Ausstellung eingeflossen, sie sind auch maßgebend für den wissenschaftlichen Katalog, der im Rahmen der Ausstellung veröffentlicht wird. In Aufsätzen wird darin der Frage nach dem Vergrabungsanlass, dem rechtmäßigen Eigentümer und der Bergung nebst numismatischer Analyse nachgegangen. Darüber hinaus sind mehrere Kurzgeschichten Bestandteil der Publikation, die die damaligen Verhältnisse jede für sich in einem anderen Blickwinkel erscheinen lassen. Das Museum konnte für dieses Projekt drei namhafte Hamburger Krimiautoren gewinnen, die sich mit ihren ganz eigenen Ideen und Vorstellungen mit der Herkunft des Schatzes beschäftigt haben.