Verlängert bis 8. März 2015Das KUNST HAUS WIEN widmet dem amerikanischen Künstlerpaar Lillian Bassman (1917–2012) und Paul Himmel (1914–2009) in Zusammenarbeit mit dem Haus der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg eine umfassende Retrospektive. Zwei Leben verbinden sich in dieser Ausstellung zu einer außergewöhnlichen künstlerischen Symbiose.
Über 77 Jahre waren die beiden Künstler ein Paar, voller produktiver Paradoxien und kreativer Spannungen, und schufen parallel jeweils ein fotografisches OEuvre, das bis heute an Modernität nichts einbebüßt hat. Lillian Bassmans Modefotografie im Spannungsbogen zwischen fotografisch- experimenteller Ästhetik und atmosphärisch aufgeladener Inszenierung beeindruckt durch Eleganz und Stilsicherheit. Als langjährige Artdirektorin bei Junior Bazaar, dem jungen Ableger von Harper’s Bazaar, prägte sie in den 1940er-Jahren maßgeblich das Layout der Zeitschrift. Als Modefotografin entwickelte sie einen einzigartigen Stil: Durch immer neue experimentelle fotografische Verfahren gab sie ihren Bildern einen besonderen Schmelz, der eine malerische Anmutung in die Schwarzweiß-Aufnahmen einfließen ließ.
In ihren Inszenierungen bevorzugte Lillian Bassman einen für die damalige Zeit außergewöhnlichen Frauentypus – langgliedrige, schwanengleiche Ikonen der Weiblichkeit. „Was sie macht, hat eine geradezu magische Kraft. In der Geschichte der Fotografie ist es niemand anderem gelungen, diesen atemberaubenden Moment zwischen der Erscheinung der Dinge und ihrem Verschwinden sichtbar zu machen“, sagte einmal ihr Kollege Richard Avedon. Nach dem Auffinden ihrer verloren geglaubten Negative bestärkte Martin Harrison Lillian erneut darin, ihre alten Aufnahmen zu bearbeiten. Durch die Möglichkeit digitaler Techniken interpretierte sie ihre Bilder neu, manipulierte sie und ließ sie neu abziehen. In den 1990er-Jahren entdeckten Modedesigner wie John Galliano und Artdirektoren ihre Arbeiten wieder und beauftragten die Über-70-Jährige mit Modeaufnahmen.
Auch Paul Himmels Werk, das durch eine fast radikale Experimentierfreudigkeit besticht, wirkt zeitlos modern. Zunächst arbeitete er für Vogue, Junior Bazaar, Harper’s Bazaar und viele andere Magazine als Modefotograf. Doch sein Interesse in der Fotografie galt vor allem der Bewegung. Fotografiegeschichte geschrieben haben seine Aufnahmen vom New York City Ballet aus den 1950er-Jahren, in denen Tanz nicht in Standbildern, sondern in fließenden Bewegungsstudien festgehalten wurde.
Paul Himmels Werk entwickelte sich in den darauffolgenden Jahren immer stärker zur freien Kunst. Die oft radikalen Experimente mit Über- und Langzeitbelichtungen waren ihrer Zeit bald derartig voraus, dass er keine kommerziellen Auftraggeber mehr fand. Er beendete seine fotografische Karriere bereits 1969 und wurde erfolgreicher Psychotherapeut. Bekannt wurde er durch die Teilnahme an der von Edward Steichen kuratierten legendären Wanderausstellung „The Family of Man“, die 1955 im Museum of Modern Art in New York ihren Ausgangspunkt hatte und auf deren Einladungskarte ein Werk von Paul Himmel, nämlich das sogenannte „Botticelli Girl“, zu sehen war.
Eine Ausstellung des Haus der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg in Zusammenarbeit mit dem KUNST HAUS WIEN. KuratorInnen: Ingo Taubhorn, Brigitte Woischnik.