Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zeigt vom 9. Mai bis zum 17. August eine Ausstellung mit Arbeiten von Wieslaw Smetek. Der vielfach ausgezeichnete Illustrator ist mit seinen Titelmotiven und Illustrationen für Zeitungen und Magazine wie DIE ZEIT, Stern, SPIEGEL und Cicero bekannt geworden. Als im Laufe des 20. Jahrhunderts die Fotografie die Medien eroberte, hieß es lange Zeit, Illustration sei von gestern. Doch längst ist sie zurück auf den Titelseiten der Modejournale und Zeitgeistmagazine. Wieslaw Smetek gehört zu den Zeichnern, die am häufigsten auf den Titeln zahlreicher Printmedien zu finden sind. Er findet eine treffende Bildsprache, die überrascht, originell und doch allgemein verständlich ist. Die Auswahl der Themen reicht dabei von Politik und Gesellschaft über Sexualität und Überbevölkerung bis hin zu Geld und Energiefragen. Wieslaw Smetek, 1955 in Polen geboren, zeichnet seit über zwanzig Jahren in Hamburg für die renommiertesten Verlage. Er verleiht den Zeitungen und Zeitschriften ein Gesicht, macht sie am Kiosk unverwechselbar – und dies mit Witz und frechen aber stets geistreichen Vergleichen. Er zeigt den ehemaligen Bundeskanzler Schröder als begossenen Pudel, Bundeskanzlerin Merkel als gluckende Henne oder die Erdkugel als einen auslaufenden Wasserball. Vor allem seine Bildideen zu den großen Themen unserer Zeit überzeugen: Eva verführt Adam nicht mit dem Apfel sondern dem Apple-Logo, Youtube filmt, wie Moses nicht die Gesetzestafeln, sondern den Laptop zerschmettert – oder die Geisha bewundert statt eines Schmetterlings das gelbschwarze Atom-Signet. In stilistischer Hinsicht lassen seine schonungslose und sozialkritische künstlerische Darstellung der Wirklichkeit und seine überzeugende fotografische Detailtreue oft staunen. Motivisch zeichnet sich Smeteks Werk durch eine große Vielfalt aus, die von der Umsetzung von Wortspielen bis zur klassischen Allegorie reicht. Die Ausstellung vermittelt einen Einblick in den Entstehungsprozess seiner Grafiken, von der Idee bis zum finalen Covermotiv.Smeteks Motive sind so einprägsam, dass sie sich im Kopf des Betrachters unweigerlich festsetzen. Der Weg dorthin ist jedoch nicht ganz einfach: Getrieben davon, zum perfekten Bild zu gelangen, befindet sich der Illustrator im ständigen Kampf mit sich selbst. Entmutigen lässt sich Smetek davon jedoch nicht – vielmehr motivieren ihn seine eigenen hohen Erwartungen und jene der Redaktionen immer wieder von neuem zu genialen Bildern zu finden.
Längst hat der Zeichner sein technisches Repertoire um den Computer erweitert und setzt neue Bildtechniken ein, um seine manuelle Arbeit in einer immer schneller werdenden Zeit konkurrenzfähig zu machen. Er zeichnet, scannt und überarbeitet in vielen und oft raffinierten Einzelschritten, die im perfekten Einzelbild nicht mehr erkennbar sind. Dennoch verlässt sich Smetek nicht nur auf Photoshop und Co., sondern ist dem Zeichenstift treu geblieben. Nach einem in Danzig abgeschlossenen Kunststudium profitiert er in Deutschland besonders von seinem versierten zeichnerischen Können. Von der raschen Ideenskizze bis zur realistischen Ausführung in leuchtenden Pastellfarben verfügt er über ein breites künstlerisches Repertoire. Entscheidend ist aber auch das Wissen, aus dem Smetek schöpft: Er muss ebenso die Bildtraditionen kennen wie die aktuellen Trends und deren griffige Symbole. Häufiger als den meisten anderen gelingen ihm auf diese Weise neue Bilderfindungen, die wie ein gezeichneter Leitartikel das Thema auf den Punkt bringen. Zu gute kommt ihm dabei nicht zuletzt sein unverstellter Blick auf die Dinge: „Smetek sieht die Realität anders – verspielt, flexibel, dehnbar. Manchmal eben wie ein Kind“, sagt Tomasz Kurianowicz, ein Freund des Künstlers, im aktuellen Katalog.
Wieslaw Smetek kommt 1990, kurz nach der Wende, nach Deutschland. Als gebürtiger Pole, Jahrgang 1955 und aufgewachsen in Danzig, kennt er damals nur drei deutsche Zeitschriften: den SPIEGEL, den Stern und die ZEIT. Ohne zu zögern fragt er beim Spiegel an und erhält tatsächlich einen Auftrag von Art Direktor Rainer Wörtmann. Nicht viel später klopft der Stern bei Smetek an, und in den nächsten Jahren erscheinen seine Illustrationen auf zahlreichen Titelseiten dieser beiden führenden deutschen Magazine. 1999 kommt die ZEIT dazu, die bis dahin allenfalls mit schwarzweißen Titelbildern illustriert war, nun aber immer häufiger mit den farbigen Entwürfen Smeteks auftritt. Seitdem schmücken seine Illustrationen mehr als 230 Titel der Wochenzeitung, die seit 2003 zu seinen wichtigsten Auftraggebern zählt. Zwischen 2010 und 2012 erscheint auch das politische Magazin Cicero regelmäßig mit seinen Zeichnungen auf dem Cover. Neben den Titelseiten für diese Zeitschriften entstehen zahlreiche Illustrationen und Aufmacher für einzelne Artikel.
Katalog: Begleitend zur Ausstellung erscheint der Katalog „Smetek für DIE ZEIT. Titelbilder, Skizzen und Ideen vom Illustrator Wieslaw Smetek entwickelt für DIE ZEIT in den Jahren 2001-2014“, erschienen im Propaganda Verlag, 224 Seiten, mit über 320 farbigen Illustrationen und 210 Covers, 55 Euro.