Münster. Das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster geht den nahenden Sommer kontrastreich an. Am 24. Mai 2014 eröffnen zwei neue Sonderausstellungen, die kaum gegensätzlicher sein könnten: Eine prangert Dunkelheit und Gräuel an, während die andere Licht und Wärme verbreitet. Francisco de Goya zeigt meisterlich die Missstände seiner Zeit auf, während Pablo Picasso in seinen Werken der 1950er und 60er-Jahre gekonnt die Unbeschwertheit des Lebens an der Côte d’Azur wiedergibt. Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten zu sehen - waren doch beide Künstler Spanier und leidenschaftlich dem Stierkampf verfallen.Goya - Dunkle MaterieFrancisco José de Goya y Lucientes (1746 – 1828) Werk gilt aufgrund seiner Radikalität als Vorbote der Moderne. Insbesondere in den Radierungsfolgen Los Caprichos (die Launen) und Desastres de la Guerra (die Schrecken des Krieges), schildert Goya in ästhetisch-drastischer Art und Weise die Verfehlungen der damaligen Kirchenvertreter und die Verheerungen der Napoleonischen Kriege. Goya versteht es, die existenziellen Erfahrungen seiner Epoche in atemberaubende Bildschöpfungen zu bannen. Er ist bereits über 50 Jahre alt und nach schwerer Krankheit vollständig taub, als er 1799 mit den 80 Blättern der Caprichos seinen ersten großen grafischen Zyklus vollendet. Er nutzt das künstlerische Medium der Grafik, um neben seinen offiziellen Aufträgen als Hofmaler und Auftragsarbeiten für die Kirche auch eigene Ideen zu verwirklichen.
1816 veröffentlicht der Spanier seine 33 Blätter umfassende Tauromaquia, eine Folge von Stierkampfszenen. Sie werden in der Ausstellung der Tauromaquia seines Landsmannes Pablo Picasso gegenübergestellt. Picasso schuf unter ebendiesem Titel 1957 eine Serie von Aquatinta-Illustrationen zum Stierkampflehrbuchs des Pepe Illo, einem der größten Toreros zu Zeiten Goyas.
Wegen der deutlichen Kritik an Adel und Klerus in einigen seiner grafischen Zyklen sah Goya sich immer wieder von der Inquisition bedroht und verzichtete darauf, seine beiden letzten Folgen, die Desastres und die Disparates (Torheiten), noch zu seinen Lebzeiten zu veröffentlichen. Die erste große Goya-Ausstellung in Spanien fand erst 1900 statt. Zu dieser Zeit war sein Werk unter den jungen spanischen Künstlern, darunter auch Pablo Picasso, sehr populär. Der Maler Miguel Utrillo nannte Picasso „le petit Goya“, vermutlich wegen seiner frühen Porträts von Bohemiens, die an Goyas exzentrische Figuren erinnern.
Das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster zeigt anlässlich des 200jährigen Jubiläums des Endes des spanischen Unabhängigkeitskrieges diese Sonderausstellung mit Radierungen und Aquatinten aus allen grafischen Zyklen des „Propheten der Moderne“. Die Leihgaben stammen aus der umfangreichen Sammlung des Stadtmuseum Oldenburg.
Picasso – Mediterrane GefildePicasso verbringt den Sommer an den Stränden der Côte d’Azur. Kein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts war auch in seinen Ferien derart schöpferisch. In den Sommermonaten der 1920er-Jahre, die Picasso regelmäßig in dem mondänen südfranzösischen Seebad Juan-les-Pins verbringt, das in den Roaring Twenties insbesondere für US-amerikanische Künstler wie F. Scott Fitzgerald oder Charlie Chaplin zu einem beliebten und häufig frequentierten Reiseziel avanciert, werden Badende zu seinem bevorzugten Motiv. Die mediterrane Umgebung seiner Jugendzeit zog Picasso wieder in den Bann. Sie inspiriert ihn zu einer von der Antike beeinflussten Figurendarstellung, die ihren Höhepunkt in der berühmten Grafikfolge Suite Vollard findet.
Aber Picasso ist nicht nur am Tage aktiv – auch der bestirnte Nachthimmel über dem Mittelmeer findet in Form von Sternbildern Eingang in sein Werk. Darüber hinaus bevölkern musizierende und tanzende Faune, Bacchanten und Zentauren Picassos mediterrane Bildwelten, in denen er eine von heiterer Stimmung und Lebensfreude geprägte Idylle gestaltet.
Im Rahmen dieser sommerlichen Ausstellung des Eigenbestandes, präsentiert das Kunstmuseum Pablo Picasso neben Lithografien, Radierungen und Linolschnitten Picassos auch Fotografien von David Douglas Duncan, die das Lebensgefühl an der Côte d’Azur in den 1950er- und 1960er-Jahren gekonnt einfangen.
Der US-amerikanische Fotograf David Douglas Duncan, der heute selbst in Südfrankreich lebt, schenkte im Februar dieses Jahres dem Kunstmuseum Pablo Picasso Münster 160 seiner Picasso-Fotografien. Ein Teil davon wird hier erstmalig ausgestellt. Duncan hat auf einzigartige Weise Picassos Leben in Südfrankreich dokumentiert. Zwischen Strand und Atelier begleitet er Picasso mit der Kamera und gewährt dem Betrachter so intime wie überraschende Einblicke in Arbeit und Privatleben des Jahrhundertgenies Pablo Picasso. Zudem wird ein Interview mit Fotolegende und Picasso-Freund Duncan aus dem Jahr 2011 gezeigt, das die Atmosphäre dieser Sommer in die Ausstellungsräume zurück bringt.