Bis zu 80 Meter hoch erheben sich einige der über 40 Gletscher im Nationalpark Los Glaciares im argentinischen Teil Patagoniens über den Lago Argentino und die ihn umgebenden Berge und Täler. Majestätisch anmutende, atemberaubend schöne Eiswände prägen die Landschaft, welche Frank Thiel 15 Jahre nach seiner ersten Patagonienreise dazu bewegte, diese vom Menschen kaum berührte Natur zu einem Thema seiner Arbeit zu machen. Pflugscharen der Goetter (los arados de dios) taufte Jean Louis Rodolphe Agassiz (1807-1873), dessen wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehung der Gletscher Pionierarbeit war, dieses erhabene Naturschauspiel.Die auf mehreren Reisen in 2011 und 2012 entstandene Bilderserie ist verführerisch und unheilschwanger zugleich, bewegt sich ambivalent zwischen der Erhabenheit und Unverwüstlichkeit dieser Ehrfurcht gebietenden, gefrorenen Naturgebilde und ihrer gleichzeitigen Fragilität und Gefährdung.Stark strukturierte Oberflächen mit überbordendem Reichtum an Details, eingefärbt in scheinbar endlosen Variationen von Blau-, Grau- und Weißtönen bis hin zu holzkohlefarbenem Schwarz, durchzogen von wie eingraviert wirkenden, unendlichen Linien und Adern. Eine verschwenderische, über 8.-12.000 Jahre geformte Sinfonie aus Eisschichten mit fast übernatürlich anmutenden Formen, Zacken, Vorsprüngen, Zapfen, Absätzen, Rissen, Klippen, Furchen und Spalten. Skulptural anmutende Gebilde der Natur, die älter als jede menschliche Konstruktion sind.
Mit seiner Entscheidung für sehr großformatige Arbeiten versucht Thiel eine dem Naturschauspiel adäquate Übersetzung in Bilder und so entstanden in Patagonien einige seiner bisher größten Arbeiten, deren Betrachtung ein sehr physisches Erlebnis ist. Indem Frank Thiel diese organischen Architekturen mit dem gleichen Sinn für Details und Komposition fotografiert, mit demselben, fast archäologischem Blick untersucht, den er bereits bei seinen Aufnahmen von Berlin nach dem Mauerfall angewendet hat, weitet er sein künstlerisches Interesse an Bildern der Transformation, der Vergänglichkeit und des Übergangs einer sich rasant verändernden urbanen Topografie auf die viel langsamer verlaufenden Veränderungsprozesse der Prähistorie aus.
Thiel analysiert die natürliche Umgebung mit ganz ähnlichem Interesse, das er bereits in früheren Serien an unserem von Architektur geprägten Lebensraum gezeigt hat. Er kommt dabei zu ähnlichen künstlerischen Ergebnissen, auch wenn sich diese neuen Arbeiten auf den ersten Blick sehr stark von den früheren unterscheiden. Durch ihre stark strukturierte Komposition, ihren Sinn für kleinste Details und ihre subtile farbliche Dichte besitzen auch diese neuen Fotografien eine aus früheren Bildern Thiels bekannte große malerische Qualität.
Die Ausstellung in der Galerie Krinzinger ist das europäische Debüt dieser Bildserie. Parallel zur Ausstellung in der Seilerstätte werden vier seiner Fotografien im neuem Park Hyatt Hotel in Wien gezeigt.
Werke von Frank Thiel sind in Sammlungen namhafter internationaler Museen, wie: Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid, Spanien; Moderna Museet, Stockholm, Schweden; Art Gallery of Ontario, Toronto, Kanada; Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington D.C.; und Corcoran Gallery of Art, Washington, D.C. Ausserdem waren seine Arbeiten Beitrag der 48en Biennale in Venedig, Italien, der XXV Bienal de São Paulo, Brazil und der 14en Biennale of Sydney, Australien, und in Teil wichtiger Ausstellungen wie im Mori Art Museum, Tokyo, Japan; National Gallery of Canada in Ottawa; Museo Nacional de Bella Artes, Havana, Cuba; Centre Pompidou-Metz, Frankreich; Neue Nationalgalerie, Berlin, Deutschland; und The Phillips Collection, Washington D.C., u.a.