Die Kunstgattung der Porträtmedaille liefert ein einzigartiges „Who is who“ des 16. Jahrhunderts, sie gehört im deutschsprachigen Raum neben Malerei, Skulptur und Druckgrafik zweifellos zu den Leitmedien der Kunst in der frühen Neuzeit. Ihre großen Vorteile bestanden nicht zuletzt darin, dass sie reproduzierbar und gut transportabel waren, somit auch leicht verteilt werden konnten. In der Renaissance zählte die Idee des Paragone, des Wettstreits der Künste, zu den großen Themen der Kunsttheorie. In Anlehnung daran stellt sich die Frage des Wettstreits auch innerhalb der Medaillenkunst. Dabei offenbart sich eine Fülle an Aspekten und Formen der Konkurrenz, wie der Wettstreit zwischen den Künstlern, der Wettstreit der Auftraggeber untereinander und der Wettstreit der Sammler.Früh wandten sich bedeutende Meister wie Albrecht Dürer, Peter Vischer der Jüngere, Lucas Cranach der Ältere und Hans Burgkmair diesem neuen Medium zu. Die Porträtmedaillen konnten sich rasch neben anderen Formen des Bildnisses etablieren, denn sie boten die besondere Möglichkeit, der Nachwelt mehr als nur das eigene Antlitz zu überliefern. Individuell gestaltete Rückseiten oder spezielle Aufschriften und Zitate konnten nämlich weitere Botschaften transportieren, die aus heutiger Sicht vielfältige Einblicke in das Selbstverständnis der Dargestellten geben. Vergleichsweise materialbeständig und erschwinglich, fungierten Medaillen in ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten als Erinnerungsstücke, die verschenkt, gewidmet und vererbt wurden.
In den ehemals fürstlichen Sammlungen in München, Wien und Dresden hat sich eine imposante Anzahl an Medaillen dieser Zeitstellung erhalten. Daher haben sich die großen Münzkabinette der drei Städte zu einer Kooperation zusammengeschlossen, um erstmals Meisterwerke der deutschen Porträtmedaille der Renaissance für kurze Zeit in Ausstellungen zu vereinigen. Sie verdeutlichen, dass die Medaille nicht nur quantitativ, sondern auch im Anspruch an Darstellung, Wahrnehmung und soziale Geltung wie durch ihre künstlerische Qualität zu den herausragenden Bildmedien der Zeit zählte.
Ausstellung und Katalog stellen erstmals umfassend das kulturhistorische Spektrum, die komplexe Medialität und die dynamische Geographie der von ca. 1500 bis 1618 im deutschsprachigen Raum entstandenen und zirkulierenden Medaillen der frühen Neuzeit vor. Die Welt der Medaillen und der damit verwandten Kleinporträts bezeugt, inwiefern die „deutsche Renaissance“ als Feld ganz unterschiedlicher Formen von Wettstreit, Kulturbegegnung und Medienkonkurrenz betrachtet werden kann.