Frankfurt am Main kann auf eine profilierte Gestaltungstradition zurückblicken, die sich durch eine eher strenge Ästhetik auszeichnet und stets das Nützliche in den Mittelpunkt stellte. Wie ein roter Faden zieht sich dieser einzigartige „Frankfurt Design Spirit“ seit den 1920er Jahren durch mehrere Designergenerationen.Mit der langfristig angelegten Ausstellungsreihe Weniger, aber besser will das Museum Angewandte Kunst diese Haltung zur visuellen Kommunikation in Etappen aufarbeiten und darstellen. Die Ausstellungsreihe bleibt während der gesamten Laufzeit im Wandel, beleuchtet aus der Fülle an Beispielen immer wieder neue Aspekte und stellt im halbjährlichen Wechsel unterschiedliche Protagonisten der Frankfurter Gestaltung aus den Jahren 1925 bis 1985 vor.
Den Auftakt zur Reihe bildet vom 27. April 2013 bis 22. Februar 2015 die Überblicksausstellung Das Frankfurter Zimmer, die mithilfe eines imaginären Zimmers ein Bild davon entwerfen will, welche Designhaltung in Frankfurt vorherrschend war und vielleicht bis heute ist. Ein besonderer Schwerpunkt soll dabei auf den Gestalter Ferdinand Kramer und seine Tätigkeit im „Neuen Frankfurt“ der 1920er Jahre und auf Dieter Rams gelegt werden, der über 40 Jahre lang das Design bei Braun verantwortete.
Herzstück der Ausstellung ist ein konstruierter Raum-im-Raum im Erdgeschoss des Museums, der mit Möbeln und Interieur bestückt ist, die in den sechs Jahrzehnten zwischen 1925 bis 1985 in und um Frankfurt herum entstanden sind. Hier sowie in den ergänzenden Themeninseln, die sich um das Frankfurter Zimmer herum gruppieren, spielt das Zweckhafte und visuell Haltbare, das Ästhetische in klaren Formen und das Visionäre eine große Rolle. Die Dinge und Bilder stehen dabei über lange Zeiträume und unterschiedliche Anlässe hinweg in einer erkennbar intensiven Beziehung zueinander.
Zeitlich setzt die Ausstellung wie auch die gesamte Reihe mit dem Projekt des „Neuen Frankfurt“ der 1920er Jahre ein, das nicht nur im Bereich Architektur, sondern auch im Produktdesign und in der Typografie wegweisend war. In Frankfurt wurden in dieser Zeit zahlreiche Gegenstände für den modernen Haushalt entworfen. Die Adlerwerke waren einer der größten Automobilhersteller, die Bauer’sche Gießerei veröffentlichte mit der „Futura“ die wichtigste Reformschrift der Zeit, und das Team um Hans Leistikow gestaltete das gesamte öffentliche Grafikdesign. Die Zeitschrift „Das Neue Frankfurt“ wurde zu einem der wichtigsten Diskursorte für die neue Gestaltung.
1955 war es dann das Frankfurter Unternehmen Braun, das bei Elektrogeräten und Radios völlig neue Wege ging und eine Designhaltung entwickelte, die sich durch visuelle Langlebigkeit und einfache Benutzerführung auszeichnete. Braun-Chefdesigner Dieter Rams prägte dabei den Satz, der auch zum Motto der Ausstellungsreihe wurde: „Weniger, aber besser“. Aber auch das Grafikdesign der Nachkriegszeit präsentierte sich auf höchstem Niveau, wie etwa in den Jazzplakaten von Günter Kieser, den Theaterplakaten und Erscheinungsbildern von Gunter Rambow oder in den vier Designhochschulen, die sich vor den Toren Frankfurts befinden.
Die Übersichtsausstellung Das Frankfurter Zimmer wird ab Februar 2014 mit der Ausstellung Das Prinzip Kramer. Design für den variablen Gebrauch vertieft durch einen Schwerpunkt auf Ferdinand Kramer, 2015 folgt Die Typografie im Neuen Frankfurt.
Hintergrund„Weniger, aber besser“, das Motto des Frankfurter Designers Dieter Rams, hat heute eine neue und weithin akzeptierte Aktualität. Eine fortgeschrittene Globalisierung, die in den kommenden Jahren eine noch sehr viel größere Anzahl von Konsumenten hochwertiger Produkte hervorbringen wird, muss sich die Frage nach den Ressourcen stellen. Der verantwortliche und zukunftsorientierte Umgang mit den vorhandenen Materialien erfordert eine neue Einstellung zu den Dingen. Die Produktzyklen werden zwangsläufig länger werden und dies stellt neue Anforderungen nicht nur an die Techniker und Ingenieure, sondern auch an die Gestalter, die Produkte mit einer deutlich längeren visuellen Haltbarkeit entwerfen müssen.
Ein solches zukünftiges Design muss aber keineswegs ästhetisch defizitär, sondern sollte im Gegenteil bereichernd sein. Die Designgeschichte Frankfurts und des gesamten Rhein- Main-Gebietes bildet dazu ein herausragendes Beispiel. Der Blick auf jene Geschichte kann in dieser Hinsicht konstruktive Zukunftsarbeit sein.
Die Ausstellung wird großzügig gefördert von der international tätigen Anwaltssozietät Clifford Chance.