Das Wort «deftig» ist selber barock. Es führt etymologisch in seiner ursprünglichen Bedeutung von «tüchtig, stark, kräftig, solide» in die Zeit um das 17. Jahrhundert zurück, in den niederländischen Sprachraum. Deftig ist in dieser Ausstellung die Kunst in ihrer Direktheit und Lebensnähe. Als deftig im heutigen Sinne von «drastisch, saftig» lässt sich gewissermassen auch das Prinzip der konfrontativen Begegnung der Werke aus zwei weit auseinander liegenden Epochen bezeichnen. Dabei geht es in «Deftig Barock» nicht um das illustrative Kurzschliessen von Motiven, Themen oder Formanalogien, vielmehr um das Aufspüren einer Haltung, die mit künstlerisch sensualistischer Intelligenz Lebensnähe als Vorstellung von «prallem Leben» beschwört sowie auch dessen Verlust beklagt. Eine Haltung, die darüber hinaus Fragen zur Kunst selber mit dieser verknüpft. Der Barock wird mit Dynamik, Sinnenfreude, Verschwendung, mit dem Theatralen gleichgesetzt, mit der Abkehr von der ruhigen Feierlichkeit der klassischen Formen, aber auch mit einer Epoche der Instabilität und der zerbrechenden Ordnungen. Man hat im Barock eine «Kultur des Fliessens und der Interfaces» (Christine Buci- Glucksmann) erkannt oder den Beginn unserer Moderne (Erwin Panofsky). Die Ausstellung soll auch daran erinnern, dass die Kunst des Barock erst seit den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts seine unangefochtene Wertschätzung erfährt – wie im Übrigen so oft –, veranlasst durch Kunsthistoriker, die aus einer gewissen Nähe zur Kunst ihrer Zeit den Blick auf die Vergangenheit wagten. Es war Erwin Panofsky, der im Barock «den Sieg des Subjektivismus» begründet sah, «der das Leiden und den Humor gleichermassen zum Ausdruck bringen will».
Mit Werken aus dem Barock unter anderen von Pieter Aertsen, Valentin de Boulogne, Jacob Jordaens sowie aus der Gegenwart von Nathalie Djurberg, Maurizio Cattelan, Oscar Tuazon.