2014 feiert die Kunststiftung NRW ihr 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass ermöglicht sie 25 ausgewählten Museen das Zusammentreffen mit 25 internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Für das Museum Kurhaus Kleve ausgesucht wurde Tara Mahapatra (geb. 1970, lebt und arbeitet in Berlin und New York).Für ihre Ausstellung „In the Dark of Light“ nimmt die Künstlerin Joseph Beuys‘ Skizzenbücher „Projekt Westmensch“, die zwischen 1958 und 1964 in seinem Atelier im Klever Kurhaus entstanden sind, zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit. In diesen frühen Aufzeichnungen entwickelte Beuys viele der grundlegenden Konzepte und Ideen seiner späteren Arbeiten. Dazu gehört die Metamorphose, deren Deutung Beuys aus den Lehren des Johann Wolfgang von Goethe hergeleitet hat.
In seiner botanischen Schrift „Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären“ (1790) beschreibt Goethe die Prinzipien der Entwicklung von Pflanzen, wobei er den dynamischen Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehung als wesentlich für alles Leben ansieht. Im Samen beobachtet er den höchsten Grad der Zusammenziehung, in den Blättern erfolgt die erste Entfaltung, die Frucht entsteht durch die letzte Ausdehnung, und enthält wiederum die Samen in höchst zusammengezogenen Zustand – die diesen Zyklus wieder fortführen.
In „Projekt Westmensch“ hat Beuys Goethes Metamorphosenbegriff weiter entwickelt und auf anthropologische und soziologische Prozesse ausgeweitet, wobei er sowohl belebte und unbelebte Objekte, als auch materielle und immaterielle Kräfte mit einbezogen hat. Während seiner gesamten Laufbahn als Künstler verwendete Beuys häufig den Ausdruck „Bildekräfte“ – die Idee einer gestaltenden Kraft, die Veränderung hervorruft. Das Konzept der Metamorphose blieb ein zentraler Bestandteil seiner Zeichnungen, Installationen und Performances.
Von Beuys und Goethe inspiriert, hat Tara Mahapatra in „In the Dark of Light“ das Phänomen der Metamorphose weiter untersucht. Obwohl sie auch von der Pflanzenwelt ausgegangen ist, beschäftigen sich die Werke in ihrer Ausstellung vor allem mit der Metamorphose des Geistes. Gedanken und Sinneseindrücke sind auf einer bestimmten Ebene weder persönlich, noch psychologisch, sie können als vor-persönliche Affekte verstanden werden, oder als „Archetypen“ des kollektiven Unbewussten, wie C.G. Jung sie nennt.
Solche archetypischen Träume, Symbole, Bilder und Empfindungen tauchen in Berichten von Individuen aus aller Welt auf – seien es moderne, primitive, kapitalistische, sozialistische oder archaische Gesellschaftsformen. Das lässt die Vermutung zu, so Mahapatra, dass die Welt trotz ihrer offensichtlich fragmentierten Natur vielleicht doch universale Phänomene zu bergen vermag.
Im Museum Kurhaus Kleve sind rund vierzig Zeichnungen aus schwarzer Tinte auf Papier und drei Videoinstallationen zu sehen – Werke, die zugleich von vibrierender Intensität als auch von poetischer Tiefe geprägt sind.
Zur Ausstellung erscheinen ein Katalog und eine Edition. Die Eröffnung findet statt am Sonntag, dem 26. Oktober 2014, 11.30 Uhr. Es sprechen: Joachim Schmidt (stellvertretender Bürgermeister der Stadt Kleve), Dr. Fritz Behrens (Präsident der Kunststiftung NRW), Dr. Barbara Könches (Idee und Leitung „25/25/25“, Kunststiftung NRW), Stephanie Seidel (Kuratorin „25/25/25“, Kunststiftung NRW), Prof. Harald Kunde (Museumsdirektor). Es findet ein Künstlergespräch zwischen Tara Mahapatra und Katharina Sieverding statt. Zum Projekt „25 Jahre / 25 Künstler_innen / 25 Museen“ der Kunststiftung NRW:
Alle KünstlerInnen des Projekts „25 / 25 / 25“ haben sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg mit den jeweiligen Sammlungen befasst und neue Arbeiten entwickelt, die das Museum reflektieren und im weitesten Sinne „porträtieren“. Sie gehen – wie im Museum Kurhaus Kleve ein breites Konvolut von dreißig Zeichnungen und einer Videoinstallation von Tara Mahapatra – in die Sammlung des jeweiligen Museums ein.
Die Auswahl der teilnehmenden Museen erfolgte durch eine Jury, die aus den Kunstkritikern Dr. Astrid Mania (freie Kritikerin), Dominikus Müller (frieze d/e) und Antje Stahl (monopol) bestand. Auswahlkriterien waren die Stringenz des Ausstellungsprogramms sowie eine Beziehung des Museums zur zeitgenössischen Kunst.
Die Künstlerinnen und Künstler wurden von einer internationalen Expertengruppe mit Lorenzo Benedetti (Vleeshal, Middelburg / NL), Yilmaz Dziewior (Kunsthaus Bregenz / AUT), Georg Imdahl (Kunstakademie Münster und Kunstkritiker, Düsseldorf), Thibaut de Ruyter (Ausstellungsarchitekt und Kunstkritiker, Berlin), Katharina Sieverding (Universität der Künste Berlin, Düsseldorf) und Adam Szymczyk (Kunsthalle Basel / CH) vorgeschlagen und eingeladen.