Für ihre Ausstellung „Portraits and Other Cognitive Exercises 2001–2012“ in den Räumen von BAWAG Contemporary überprüfen Clegg & Guttmann ihr exemplarisches Werk aus der Perspektive der Gegenwart. Einer Auswahl des seit dem Jahr 2001 kontinuierlich entwickelten Werkblocks der „Cognitive Exercises“ stellen sie frühe und aktuelle Beispiele ihrer unwiderstehlich attraktiven Portraitfotografie gegenüber. Das Ergebnis ist ein visuelles und ein inhaltliches Stretching zwischen Kargheit und Opulenz, zwischen Glamour und Diskurs.
Ein heimliches Bezugssystem verbindet die unterschiedlichen Genres. Fotografie, Skulptur, Installation und Video sind Techniken, die Clegg & Guttmann einsetzen. Ihre künstlerische Methode reicht von klassischer Objektproduktion zur Performance, sie interessieren sich für Soziologie und das Alltagsleben ebenso, wie für Wissenschaft und Philosophie. Es geht es immer darum, das Thema Portrait mit verschiedenen Mitteln zu untersuchen.
Die interessanten Räumlichkeiten der BAWAG Contemporary haben Clegg & Guttmann zu einem Display angeregt, das optische Tatsachen den ästhetischen Begriffen und Theorien gegenüberstellt, die in die Objekte hineingelesen werden können. So treffen drei vertikal organisierte Bibliotheksskulpturen auf die Rauminstallation „Falsa Prospettiva“, 2001, ein sich in die Tiefe erstreckendes Trompe L'Oeil aus Bücherschränken.
Im Zentrum der Ausstellung steht jedoch der seit den 1980er Jahren wohl wichtigste Transmitter Clegg & Guttmanns: die Fotografie, das fotografische Portrait. Die Einzelbildnisse, Paare und vielfigurigen Gruppen gehören bis heute zum Aufregendsten, was dieses Genre zu bieten hat. Ihr Bezugsrahmen sind die ästhetischen Konventionen historischer Portraits und Gruppenbilder des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Niederländer von Frans Hals bis Rembrandt, die Italiener von Tizian bis Caravaggio sind das Referenzmaterial für einen Werkkomplex, der kollektive Strukturen, gesellschaftliche Gefüge und Machtverhältnisse mit dem Instrumentarium jener historischen Repräsentations- und Familienportraits inszeniert, die Personen in ein Umfeld stellt, das ihren kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergrund offenlegt.
Clegg & Guttmann kennen die Codes von Status, Einfluß und Kapital. Sie entwickeln einen Look für „Reich und Schön“, eine Fiktion von dem, was in der Realität Wert, Wirkung und Anziehungskraft hat. Der Typus trägt fashionables Schwarz, die Männer weiße Hemden und dunkle Krawatten, die Damen effektvollen Schmuck und Juwelen.
Neben Commissions, für die sich Sammler, Galeristen und Kuratoren ebenso gerne abbilden lassen, wie wohlhabende Diamantenhändler mit ihren Kindern, entstehen Portraits fiktiver Auftraggeber: Clegg & Guttmann engagieren junge Kollegen aus ihrem Freundeskreis und Schauspieler. Kultfiguren aus dem East Village, wie der 2006 verstorbene Bill Rice, der in „Subwayriders“ oder „Coffee & Cigarettes“ von Jim Jarmusch spielte.
In der Schau „Portraits and Other Cognitive Exercises 2001–2012“ erschließt sich die innere Logik im Werk von Clegg & Guttmann. Die relationale Ästhetik einer Kunst zum Anfassen und Mitmachen, der „Cognitive Exercises“, von den Künstlern vorgegebenen Handlungsanlässen, die das Publikum zu direktem Einsatz motivieren stehen in einem spannenden Verhältnis zu den Skulpturen, Installationen und dem Werkmodus der Fotografie.
ERÖFFNUNG
Mittwoch, 11. April 2012, 19 Uhr
ORT
BAWAG Contemporary
Franz Josefs Kai 3
1010 Wien
AUSSTELLUNGSDAUER
12. April 2012 - 10. Juni 2012
ÖFFNUNGSZEITEN
Täglich 14 - 20 Uhr
EINTRITT FREI
Ausstellung und Begleitveranstaltungen
BESUCHERINFORMATION
T + 43 5 99 05 919bawagcontemporary.atfacebook.com/BAWAGcontemporary
BEGLEITVERANSTALTUNGEN
bawagcontemporary.at
BILDLEGENDE:
Clegg & Guttmann, The Singing Company, 1986, 120 x 81 cm
© Clegg & Guttmann, Courtesy Galerie Christian Nagel, Köln | Berlin