Die Farbigkeit antiker SkulpturEine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien in Kooperation mit der Stiftung Archäologie, München, und der Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am MainStrahlend weiße Marmor- und Kalksteinskulpturen prägen nach wie vor unser Bild von der antiken Mittelmeerwelt. Man ist fasziniert von der schlichten Ausstrahlung des reinen Materials, die es erlaubt, sich ganz auf die Form zu konzentrieren. Dass Skulptur und Architektur aber einst reich bemalt waren, geht nicht nur aus der Überlieferung antiker Autoren hervor, sondern ist auch spätestens seit Beginn der wissenschaftlichen Ausgrabungen bekannt, die man im 19. Jahrhundert in Italien und Griechenland durchführte.
Die Ausstellung „Bunte Götter“ will die ursprüngliche Farbigkeit der antiken Skulptur in ihrer oft erstaunlichen Intensität wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Diese international viel beachtete Wanderausstellung wurde von Vinzenz Brinkmann und Raimund Wünsche initiiert und erstmals im Jahr 2003 in der Münchener Glyptothek gezeigt. Danach war sie, jeweils dem neuesten Stand der Wissenschaft angepasst, an zahlreichen weiteren Stationen in Europa und Übersee zu sehen. Sie beruht auf jahrzehntelangen Forschungen, deren Ergebnisse sich in Form von farbig gefassten Abgüssen der untersuchten Originale präsentieren, wobei ausschließlich nach antiken Herstellungsverfahren aufbereitete Naturpigmente verwendet wurden.
Die didaktischen Modelle bestehen aus Gips bzw. Kunst- oder Gussmarmor und sollen im Hochparterre des Kunsthistorischen Museums in die bestehende Aufstellung der Antikensammlung integriert werden. Auf diese Weise bilden sie einen reizvollen Kontrast zu den dort präsentierten Originalen und fordern den Besucher zu einer neuen Sichtweise auf. Nebeneinander gezeigte unterschiedliche Farbfassungen derselben Skulptur sollen auf die Probleme der Rekonstruktion des Farbauftrages hinweisen und zur kritischen Auseinandersetzung anregen. Beispiele archaischer Skulptur des ausgehenden 6. Jahrhunderts v. Chr. werden ebenso zu sehen sein wie ein Modell des Westgiebels des Aphaia-Tempels auf Ägina (um 480 v. Chr.) oder eine Rekonstruktion des berühmten „Alexandersarkophages“ (heute in Istanbul, Archäologisches Museum).
Neben Werken der griechischen Kunst sind auch solche römischer Zeit und aus der Spätantike zu sehen. Als eines der Highlights der Ausstellung wird ferner das neu erarbeitete Modell der sogenannten Chioskore präsentiert. Bei ihr handelt es sich um eine jener anmutigen Mädchenfiguren (Koren), die im ausgehenden 19. Jahrhundert auf der Athener Akropolis gefunden wurden und sich durch eine besonders reiche originale Farbfassung auszeichnen.
Die Modelle stammen aus dem Bestand der Stiftung Archäologie in München bzw. der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG, Leibniz-Preis-Projekt Oliver Primavesi). Ergänzend dazu werden zwei Leihgaben der Universität Göttingen gezeigt: Kopien eines Porträtkopfes des römischen Kaisers Caligula sowie eines spätantiken Porphyrporträts, das klare Hinweise auf eine frühere Bemalung enthält. Darüber hinaus wird auf Originalobjekte (Stein bzw. Ton) aus der permanenten Aufstellung der Antikensammlung hingewiesen, die ebenfalls reiche Bemalung aufweisen.