In Asien ist der Tanz ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Lebens. In vielen Tempeln gibt es Darstellungen von tanzenden Gottheiten und die Bedeutung des Shiva Nataraja, der die Welt durch seine Tanzbewegungen schuf, ist allgemein bekannt. Einer Legende zufolge entstand in Indien bereits um 200 v. Chr. ein erstes Buch über die Tanzkunst. Es trägt den Titel „Natya Sastra“, übersetzt „Das Buch vom Tanz“, und wurde vom Brahmanen (Priester) Bharata Muni verfasst, der dabei einer göttlichen Eingebung folgte. Dieses Buch enthält unter anderem die allgemeinen Richtlinien für den Tanz, die Anleitung zur Darstellung der neun Gefühle (rasa) sowie Vorgaben für verschiedene Handhaltungen (mudra), mit denen im Tanz bestimmte Botschaften vermittelt werden. Bis zum heutigen Tag ist der indische und südasiatische Tanz sehr stark von diesem Buch geprägt.In vielen Regionen dient der Tanz als Verbindung zwischen den Menschen und den Gottheiten. So wird in manchen Traditionen etwa die Schaffung einer neuen Tanzchoreographie von einem Opferritual eingeleitet, oder auch der Tanz selbst wird als Opfergabe verstanden.
In vielen Regionen dient der Tanz als Verbindung zwischen den Menschen und den Gottheiten. So wird in manchen Traditionen etwa die Schaffung einer neuen Tanzchoreographie von einem Opferritual eingeleitet, oder auch der Tanz selbst wird als Opfergabe verstanden. Wer könnte jedoch den Tanz besser verkörpern als die Tänzer und die Choreographen selbst? Ganz bewusst wurde daher eine Ausstellung „mit ihnen“ und nicht „über sie“ konzipiert. Zu diesem Zweck wurden folgende sechs zeitgenössische asiatische Künstler ausgewählt, um als Ko-Kuratoren mitzuarbeiten: Bulan Trisna Djelantik (Bali), Didik Nini Thowok (Java), Matsune Michikazu (Japan), Hiah Park (Korea), Terence Lewis (Indien) und Pichet Klunchun (Thailand). Sie repräsentieren sechs unterschiedliche Aspekte des traditionellen asiatischen Tanzes und dienen zugleich aber auch als herausragende Beispiele für das asiatische Kunstschaffen. In der Ausstellung werden neben Gegenständen aus ihrem persönlichen Besitz, wie etwa Kostümen und Requisiten, auch von ihnen ausgewählte Museumsobjekte zu sehen sein.
Die Ausstellung teilt sich im Wesentlichen in zwei Bereiche, welche mit den Begriffen „Vergangenheit“ und „Gegenwart“ beschrieben werden können; sie sind jedoch sehr eng miteinander verbunden, denn die Entstehung eines Tanzes kann auch heute nicht völlig losgelöst von traditionellen Aspekten, etwa solchen aus der Mythologie, vor sich gehen.
Nach einer kurzen, interaktiven Einführung im Vorraum wird im ersten Ausstellungsraum anhand von Exponaten aus Burma, Indien und Bali auf die grundlegende Bedeutung des Tanzes als Kommunikationsform zwischen Menschen und Göttern eingegangen. Hier wird auch die balinesische Choreographin Bulan Trisna Djelantik vorgestellt. Weiterführend werden im zweiten und dritten Ausstellungsraum die mythologischen Aspekte des Tanzes herausgearbeitet. Der erste der beiden Räume widmet sich der kambodschanischen Khmer-Kultur, welche durch herausragende Artefakte aus dem Musée Guimet in Paris repräsentiert wird.Anhand der Objekte aus Angkor Thom und Bayon wird ersichtlich, dass der Khmer-Tanz den Ursprung des südostasiatischen Tanzes verkörpert. Den Mittelpunkt des dritten Raumes bildet der tanzende Shiva Nataraja, der durch den Tanz die Welt erschafft. Nachdem er durch die ersten beiden Räume wiederum zurückgegangen ist, findet sich der Besucher nun in einem dem Tanztheater gewidmeten Raum. Neben dem japanischen Nō-Theater werden hier Objekte aus Java, China und Thailand präsentiert. Im nächsten Raum trifft der Besucher auf zwei zeitgenössische asiatische Choreographen, den indonesischen Tänzer Didik Nini Thowok und den aus Japan stammenden Performance-Künstler Matsune Michikazu, und darf einen Blick in die Garderobe eines Tänzers werfen. Im darauffolgenden Raum wird anhand der Arbeit der Schamanin Hiah Park auf die Rolle des Tanzes im koreanischen Schamanismus eingegangen. Der letzte große Ausstellungsraum kann unter anderem mit dem Stichwort „Cross Culture“ beschrieben werden und stellt zwei weitere asiatische Choreographen vor, nämlich den indischen Tänzer Terence Lewis und den thailändischen Tänzer und Choreographen Pichet Klunchun. Ergänzend wird auf die Bedeutung von Musik im Zusammenhang mit dem Tanz eingegangen und es wird dem Besucher interaktiver „Tanzunterricht“ ermöglicht. Abschließend wird ihm im Rahmen eines Cafés die Option geboten, Filme anzuschauen, mit denen er das Gesehene vertiefen kann. Diverse historische und moderne Filmdokumente, teilweise Leihgaben aus bedeutenden internationalen Filmsammlungen, ermöglichen weitere „bewegte“ Einblicke in unterschiedliche asiatische Tanzformen.
Ein wichtiger Aspekt im Ausstellungskonzept ist die interaktive Wissensvermittlung. Sie wird auch im umfangreichen Rahmenprogramm der Ausstellung weitergeführt. Für die gesamte Ausstellungsdauer sind wöchentliche Spezialführungen, Workshops, Vorträge und Events geplant sowie eine Performance-Reihe in Kooperation mit dem ImPulsTanz Festival, welche von dem aus Singapur stammenden Choreographen Ong Keng Sen moderiert wird.
Die Ausstellung wird von Jani Kuhnt-Saptodewo, Bettina Zorn und den oben angeführten Ko-Kuratoren aus Asien kuratiert.
Folgende Institutionen konnten als Kooperationspartner und Sponsoren gewonnen werden: Musée Guimet (Paris), ImPulsTanz Festival, Museum der Kulturen Basel, La Cinémathèque de la Danse (Paris), Film Archiv Austria, Stadt Wien, ASEF (Asia-Europe Foundation), Botschaft der Republik Indonesien, Botschaft des Königreiches Thailand, Botschaft der Republik Korea, Botschaft der Republik Indien, Botschaft der Republik der Philippinen
Getanzte Schöpfung. Asien zwischen den WeltenNoch bis 30. September 2013Weltmuseum WienNeue BurgHeldenplatz1010 WienTel. +43 1 534 30 – 5052 oder 5053Öffnungszeiten: Täglich außer Dienstag: 10.00 – 18.00 UhrEintritt: 8 Euro
Zur Ausstellung erschienen ist ein umfangreicher Katalog mit zahlreichen Beiträgen vom indischen Tanz als Lobpreisung der Götter über das japanische Nō Theater bis hin zur österreichischen, in Java geborenen, Komponistin Linda Bandara-Hofland. Gespräche mit den sechs Star-KuratorInnen über ihr Leben und ihre Projekte ergänzen die empfehlenswerte Publikation.
Getanzte Schöpfung. Asien zwischen den Welten. Hrsg. v. Sri Kuhnt-Saptodewo, Mary Somers Heidhues und Bettina Zorn. Christian Brandstätter Verlag: Wien 2013. Erhältlich im Museumsshop.
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