Das „Glück“ Michelangelos? Eine allegorische Darstellung der Göttin FortunaDer allegorischen Darstellung der Fortuna – der Glücks- und Schicksalsgöttin – widmet sich „Ansichtssache #10“. Anlass dieser Präsentation ist die Restaurierung dieser kleinen Tafel eines unbekannten, wohl nach Florenz zu lokalisierenden Künstlers. Das Sujet zeichnet sich durch ein über die Jahrhunderte wechselndes Erscheinungsbild aus. Unsere „Fortuna“ präsentiert sich als geflügelte, auf einem Rad balancierende junge und anmutige Frau, die ihre guten und schlechten Gaben verteilt: Krone, Zepter und Lorbeerkranz – sie symbolisieren Macht, Ehre und Ruhm – und die wohl als Dornen zu lesenden dreizackigen Objekte, Sinnbilder des Schmerzes und des Leides.Die Bildidee wird bis heute mit keinem Geringeren als Michelangelo in Verbindung gebracht; dies ist jedoch nicht gesichert. Der Typus ist in zahlreichen Versionen überliefert, die Künstlern zugeschrieben werden, die im Florenz der Medici während der sechziger Jahre des 16. Jahrhunderts wirkten. In diesem Kontext ist auch unsere Fassung anzusiedeln. Die Zuweisung der Bildidee an Michelangelo ist kein Zufall. Er war der Maestro, an dem sich andere Künstler orientierten – ein Umstand, der auch eine Erklärung für die zahlreichen Versionen dieser Bildidee bietet: Man wollte – zumindest damals – eine Kopie dieser beliebten „Inventio“ in seinem Besitz wissen.
Die Gemäldegalerie freut sich, mit dieser Kabinettausstellung der Öffentlichkeit erstmals die Wiener Variante dieser im 16. Jahrhundert so beliebten Fortuna-Darstellung präsentieren zu können.
Mit den „Ansichtssachen“ hat die Gemäldegalerie im Jahr 2012 eine neue Ausstellungsreihe ins Leben gerufen. Im Fokus steht dabei jeweils ein außergewöhnliches Bild der Sammlung, das aus Platzgründen nur selten gezeigt wird oder das durch jüngere Forschungsergebnisse zu einer erneuten Betrachtung einlädt.