Es war Edgar Allan Poe (1809-1849), der amerikanische Schriftsteller mit dem Hang zum Unheimlichen, der den Grundstein für die Detektivgeschichte legte – jene literarische Gattung in der es um die Aufklärung eines Verbrechens durch die scharfsinnige Kombinationsgabe eines mutigen, waghalsigen und damals noch einzelgängerischen hellen Kopfes ging. Seine spannungsgeladenen Novellen und Kurzgeschichten, voll Geist und Fantasie, waren die Vorbilder der modernen logisch deduzierenden Kriminalromane. Sir Conan Doyle (1859–1930) schuf 1887 die erste moderne Detektivgeschichte, mit dem verschrobenen, Violine spielenden und Pfeife rauchenden Sherlock Holmes. Die ersten Klischees waren geboren – Klischees und Vorstellungen vom Detektiven, die bis in unser heutiges Medienzeitalter anhalten und immer wieder von Film, Fernsehen, Literatur sowie eben auch von Bildsatire und Comic aufgenommen werden.
Das Karikaturmuseum Krems – einziges Museum in Österreich und eines der wenigen in Europa, das sich mit Karikatur, Bildsatire, Cartoon und Comic beschäftigt – präsentiert in seiner Highlight- ausstellung mit Nick Knatterton, Kottan, Emil und die Detektive sowie Lasse und Maja beliebte und bekannte Heldinnen und Helden aus Comic, Film, Fernsehen und Kinderbuch. Die Geschichten rund um diese berühmten Figuren liefern spannende, kritische, jedoch sehr humorvolle Einblicke in die Welt des Detektivs und Kriminalkommissars und zeigen auch deren gesellschaftskritische Komponenten auf.
Falco – Österreichs erfolgreichster Musikexport der 1980er- und 1990er-Jahre – war begeisterter Fan der Serie „Kottan ermittelt“, spielte als Aushilfspianist in Kottan´s Kapelle und huldigte dieser Satire mit seinem Song „Der Kommissar“. Die Zeile daraus „Alles klar Herr Kommissar?“ ist titelgebend für das Projekt des Karikaturmuseum Krems und zeigt schon die umfassende Beschäftigung mit diesem Thema programmatisch auf. Bereiche der Ausstellung im Karikaturmuseum Krems wurden in Zusammenarbeit mit Jan Zenker, Sohn des Autors von „Kottan ermittelt“ Helmut Zenker, konzipiert. „Kottan ermittelt“ wurde filmisch von Peter Patzak umgesetzt und ist eine satirische Krimi-Fernsehserie aus Österreich, die zwischen 1976 und 1983 mit ORF und ZDF produziert wurde und mit großem Erfolg ausgestrahlt wurde.
„Wir haben einer ganzen Generation von Regisseuren und Autoren Mut gemacht, über vorgegebene Konventionen hinauszugehen. Und auch als Motivation ist das Werk bis heute präsent und treibt gegenwärtige Filmschaffende auf positive Weise an.“ Peter Patzak, Regisseur, aus: Jan und Tibor Zenker: Inspektor gibt’s kan. „Kottan ermittelt“ von Helmut Zenker, Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2014
Titelheld Adolf Kottan, ein mürrischer, nicht gerade arbeitswütiger Polizeimajor, ermittelt auf eigenwillige Art und Weise. Die Serie besticht durch schräge Storys, zahlreiche Slapstick-Einlagen, parodistische Seitenhiebe auf starre Polizeistrukturen und gesellschaftskritische und politische Stellungnahmen, die zu vielfältigen Besucherreaktionen führten.Literarische Beiträge, Hörspiele und bisher unveröffentlichtes historisches Material, wie Briefe und Schriftstücke aus den Privatsammlungen von Jan Zenker und Regisseur Peter Patzak gewähren Einblicke in die Welt des erfolgreichsten Kommissars der österreichischen Fernsehgeschichte und der erfolgreichsten Parodie auf das österreichische Polizeiwesen.Der anarchistische Humor der Serie inspirierte auch Generationen von Künstlern, wie etwa Karl Berger, Bernd Ertl, Sammy Konkolits, Josef Krizanits, Christian Stellner und Reinhard Trinkler, die in ihren Zeichnungen und Karikaturen Bezug auf Protagonisten und Geschichten der Serie nehmen. Steht der Sager „Inspektor gibt’s kan“ für Kottan, einen österreichischen Kommissar, der längst zum TV-Kult geworden ist und für irrwitzige Fernsehanarchie, verbindet man Nick Knatterton mit seinem berühmten Ausspruch „Kombiniere“.
Der Zeichner Manfred Schmidt (1913-1999) erfand in den 1950er-Jahren die legendäre Comic-Figur, Nick Knatterton, die als gezeichnete Parodie auf Helden wie Sherlock Holmes oder Superman angesehen werden kann.
„Ich nahm mir vor, diese primitivste aller Erzählformen so gründlich zu parodieren, dass den Leuten die Lust an der blasenreichen, auf Analphabeten zugeschnittenen Stumpfsinnliteratur verging. Vom ,Superman‘ befruchtet, kam ich in einer stürmischen Herbstnacht des Jahres 1950 und unter Rotwein-Anästhesie ziemlich schmerzfrei mit dem spitzköpfigen Meisterdetektiv Nick Knatterton nieder.“Manfred Schmidt über die nackte Wahrheit von Nick Knatterton, 1951, aus: Eckart Sackmann: Oh, Nick Knatterton, 2013
Sowohl Sherlock Holmes als auch Nick Knatterton sind von ihrer Statur hager und groß, zeichnen sich durch markante Gesichtszüge und ihren außerordentlich scharfen Verstand aus. Knattertons visuelle, auditive und olfaktorische Wahrnehmung ist überdurchschnittlich gut ausgeprägt. Seine wachen Sinnesorgane, seine enorme Körperkraft – wie etwa seine scharfen Augen mit Präzisionswinkel- messer, sein Computergehirn mit gespeicherten Daten des Einwohnermeldeamtes oder sein aufklappbarer Stiftzahn als Geheimversteck für Mikrofilme – sowie zahlreiche technische Tricks, wie zum Beispiel ausklappbare Rollen im Schuhabsatz für eine spontane Verfolgung ohne Pkw, lassen ihn jeden Fall lösen. Ohne grün-karierten Anzug und Pfeife ist er nicht voll einsatzfähig – Zitate und Attribute, die sich von der Entstehung des Detektivbildes bis heute manifestiert haben. Schmidts Idee, aus der Parodie auf Comic und Krimi eine Satire auf die Wirtschaftswundermentalität im Deutschland der 1960er-Jahre zu machen, hat entschieden zum Erfolg der Figur beigetragen.Über 60 Originale und eine Auswahl an Trickfilmen und einem TV-historisch bemerkenswerten Interview mit Manfred Schmidt ermöglichen Besuchern und Besucherinnen tief in die Abenteuer des begabten Meisterdetektivs einzutauchen.
Auch junge Spürnasen kommen in der Schau voll auf ihre Kosten. Erich Kästners erfolgreicher Kinderbuchklassiker „Emil und die Detektive“ (1929 erschienen), der von der deutschen Comic- Künstlerin Isabel Kreitz neu gezeichnet wurde, zeigt, wie zeitlos Kästners Sprache geblieben ist.
„Ich finde die Sprache bei Kästner so wunderbar modern. Sie hat etwas sehr Besonderes, ist fast zeitlos. Diese Sprache habe ich als Kind geliebt. Es sind keine Gags, aber es wird auf eine humorvolle Weise erzählt. Es gibt bei Kästner unnachahmliche Formulierungen, und es hat mir großen Spaß gemacht, das in Sprechblasen zu setzen und den einzelnen Figuren zuzuordnen.“ Isabel Kreitz
Dem deutschen Schriftsteller gelang mit diesem Buch eine Erneuerung des Kinderbuchgenres, das seit Generationen fasziniert: Ein Junge vom Land und Berliner Kinder bringen mit vereinten Kräften einen polizeilich gesuchten Meisterdieb zur Strecke. Kinder wurden in den Mittelpunkt der Geschichte gesetzt, auf Moralisierendes und Märchenhaftes wurde verzichtet und er dachte Erwachsenen nur Nebenrollen zu. Die mit dem wichtigsten deutschen Comic-Preis, dem Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnete Isabel Kreitz sticht aus ihrer Zunft besonders hervor, hat sie doch in Amerika, dem Land des Comics, studiert und sich einen ganz eigenen Pragmatismus angeeignet. Besondere Formulierungen in Kästners Werk hat Kreitz zeichnerisch auf meisterhafte und kongeniale Weise umgesetzt und den Comic auf eine neue Ebene gehoben. Mit großem Respekt zitiert Kreitz in ihren Arbeiten den Stil von Walter Trier, der 1929 „Emil und die Detektive“ illustrierte. Sie übernahm das Zeitkolorit der Darstellungen sowie die klare Formgebung und erweiterte die einzelnen Zeichnungen zu einer gesamten Bildgeschichte. 30 Originale geben Einblick in Struktur und Bildaufbau ihrer Comic-Version von „Emil und die Detektive“.
Abgerundet wird die Schau von der Kinderbuchkrimiserie „Detektivbüro LasseMaja“, das aus zwei Freunden besteht, die in einer kleinen schwedischen Stadt Kriminalfälle lösen und ganz in der Tradition großer Detektive stehen. Die von Martin Widmark erfundene und von Helena Willis illustrierte Geschichte, die in den letzten Jahren immer mehr Fans dazugewonnen hat, bietet spannende Gehirnnahrung für junge Leseratten. Erwachsene werden als Respektspersonen gelegentlich in Frage gestellt und die Zeichnungen, die auf ironische Weise Schwächen und Fehler in der Gesellschaft entlarven, verstärken den kritischen Ansatz.
Neben der Positionierung der Karikatur, wissenschaftlicher Aufbereitung und Verankerung ihrer Bedeutung in der Kunst, sind nachhaltige Wissensvermittlung und vorurteilsfreie Zugänge zu ausgestellten Objekten Schwerpunkte des Hauses. Den Bogen von der Originalzeichnung zur Realität – der Basis der Karikatur – zu spannen, eine Plattform für Diskurs und Diskussion für diverse Themen zu bieten, gehört ebenso zu einem erfolgreichen Ausstellungsprojekt wie namhafte KünstlerInnen und geniale Zeichnungen. Anhand von zahlreichen Originalen, Dokumenten, Filmen und interaktiven Stationen bietet das Karikaturmuseum Krems spannende und überraschende Einblicke in die Welt der trickreichen Heldinnen und Helden.
Kurator: Gottfried Gusenbauer
ÖffnungszeitenTäglich 10.00-18.00 Uhr
StandardticketErwachsene/pro Person € 10,00Ermässigungen
Ermäßigungen erhalten Jugendliche, Lehrlinge und StudentInnen (19-26 Jahre), Senioren und Seniorinnen, ebenso Menschen mit Behinderungen mit gültigem Ausweis.Ermäßigtes Ticket/pro Person € 9,00Ermäßigter Eintritt für Aktiv Plus Karten BesitzerInnen: € 8,00 Ermäßigter Eintritt für Inhaber eines Ausweises der Stadtbücherei Krems: 2 Tickets zum Preis von 1
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