Bis zum 17. Februar präsentiert das Kunsthaus Zürich erste Ergebnisse bei der Erforschung und Restaurierung der Gipse von Alberto Giacometti. Besucher treffen sowohl auf Gipse, deren Form für die berühmten Bronzegüsse abgenommen wurde, wie auch auf Gips-Plastiken, die dank der vorausgegangenen Analysen jetzt eindeutig als eigenständige Kunstwerke klassiert werden können. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die restauratorisch-konservatorische Phase, die 2014 abgeschlossen sein soll.Im Jahr 2006 hatten Bruno und Odette Giacometti der Alberto Giacometti- Stiftung in Zürich ihren Anteil am bis dahin unverteilten Erbe Albertos überlassen, wozu rund 80 Originalgipse zählen. Diskussionen über notwendige Restaurierungsmassnahmen zeigten, wie schwierig es war, zwischen Beschädigungen und Verschmutzungen einerseits und Zeugnissen der verschiedenen Abformungsprozesse andererseits zu unterscheiden.Unklar war damals auch, ob tatsächlich sämtliche Gipse als «Originale» bzw. «Unikate» einzustufen waren, oder ob es sich vereinzelt auch um einen «plâtre de tirage», also eine zusätzliche Gipskopie handeln könnte, die lediglich als Gussvorlage für den Bronzeguss diente. Ende 2010 startete das vierjährige Forschungs- und Restaurierungsprojekt mit umfangreichen technologischen Untersuchungen. So konnte vermieden werden, dass voreilig durchgeführte Restaurierungsschritte wertvolle Spuren vernichtet hätten.
VON VERMUTUNGEN ZU TATSACHENBis heute liegt dem Restauratoren-Team ein reichhaltiger Spuren- und Materialschatz von über 60 untersuchten Gipsen vor. Bei Klärung von Fragen zu Herstellung, Funktion und Geschichte der Gipse spielte dieser eine wichtige Rolle. In fast allen diesen Fällen ist nun klar, wie die Gipse entstanden sind und weiterverwendet wurden. Darüber hinaus lassen sich jetzt viele technische Vorlieben bei der Herstellung nachvollziehen, die entweder Alberto selbst, seinem Bruder Diego (der vor allem die Abformungen vom Tonmodell herstellte), oder einer der Giessereien zuzuordnen sind. Von der Spur bis zur gesicherten Erkenntnis war es jedoch ein langer Weg. Die Interpretation einzelner Informationen erforderte immer wieder die Zusammenarbeit mit externen Experten. Besonders die Besuche in der Giesserei Susse Fondeur sowie der Fondation Annette et Alberto Giacometti in Paris halfen, gusstechnische Details und Besonderheiten besser zu verstehen. Mittels Materialanalysen (durchgeführt vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft) wurden Vermutungen zu gesicherten Fakten. Die Analysen lieferten eindeutige Ergebnisse bezüglich der verwendeten Materialien. So konnten auf den Oberflächen zum Beispiel Formsand, Gelatine, Schellack und Talkum nachgewiesen werden. Diese Materialien geben jeweils einen Hinweis auf die verwendete Abformtechnik für den Bronzeguss.
UNTERSUCHUNG DURCH EIDGENÖSSISCHE MATERIAL-PRÜFANSTALTEine ganz andere Form von Informationen lieferten die radiologischen Untersuchungen der Empa Dübendorf: Bei einem 3D-Computertomographie- Scan an einem ausgesuchten Beispiel sowie beim Röntgen sämtlicher Gipse konnten wertvolle Erkenntnisse über das Innenleben und die Herstellung der Gipse gewonnen werden. So sind Armierungen mit Drähten und Fasern fast standardmässig zu finden. Auch aus konservatorischer Sicht sind diese Informationen eine Bereicherung. Sie helfen dabei, die Fragilität der Objekte richtig einzuschätzen sowie Handling und Transport zu optimieren.
PRÄSENTATION BIS 17. FEBRUARSeit dem 5. Oktober stellt eine kleine Präsentation die wichtigsten Ergebnisse der letzten zwei Jahre vor. Rund ein halbes Dutzend Werke gelangen zur Ausstellung – begleitet von einer illustrierten Dokumentation der Analyseschritte und den dabei gewonnenen Erkenntnissen. Neben den Informationen zu technologischen Erkenntnissen wird mit der Ausstellung auch ein Diskussionsforum geschaffen, welches die Entscheidungsgrundlage für den zweiten, praktischen Teil des Projekts bildet – für konservierende und restauratorische Eingriffe. Neuigkeiten werden auf www.kunsthaus.ch publiziert. Der Besuch ist im Rahmen der aktuellen Sonderpräsentation «Giacometti. Die Donationen» im Sammlungseintritt enthalten.
Das Projekt wird unterstützt von der Stavros Niarchos Foundation und von Ars Rhenia, Stiftung zur überregionalen Förderung von Kunst und Kultur.
Das Projekt wird unterstützt von der Stavros Niarchos Foundation und von Ars Rhenia, Stiftung zur überregionalen Förderung von Kunst und Kultur.