Dokumentarfotografie Förderpreise 14 der Wüstenrot Stiftung – Vier Positionen zwischen Archiv, Körper und KollektivMit einer neuen Ausstellung im Museum für Photographie Braunschweig unterstreicht die renommierte Wüstenrot Stiftung erneut ihre führende Rolle in der Förderung dokumentarischer Fotografie in Deutschland. Die Dokumentarfotografie Förderpreise, 1994 ins Leben gerufen, gelten längst als die bedeutendste Auszeichnung dieser Art im deutschsprachigen Raum.
„Der Förderpreis richtet sich an Fotograf:innen, die sich mit Themen der realen Lebenswelt beschäftigen und mit zeitgenössischen Mitteln die Repräsentationsfunktionen der Fotografie immer neu definieren.“ Diese programmatische Leitlinie hat sich auch in der 14. Ausgabe bewährt, die unter der Kuratierung von Matthias Gründig vier herausragende künstlerische Positionen präsentiert.
Das Museum für Photographie Braunschweig zeigt seit mehr als zwanzig Jahren regelmäßig die Ausstellungen der Preisträger. In diesem Jahr spannen die Arbeiten von Jana Bauch, Marc Botschen, Dudu Quintanilha und Ramona Schacht ein vielschichtiges Netz zwischen Archivmaterial, journalistischer Recherche, künstlerischer Inszenierung und persönlichen Perspektiven.
Jana Bauch, geboren 1992, begleitet für ihr Projekt Y-Topia über zwei Jahre eine Gruppe von Klimaaktivisten im Ort Lützerath, der mittlerweile dem Braunkohletagebau weichen musste. Doch sie beobachtet nicht distanziert. „Nicht als Außenstehende, sondern als Teil der Gruppe“, so heißt es über ihre Arbeitsweise. In Fotografien und einem Film erzählt sie von den Lebensbedingungen der Protestierenden, ihren Träumen, Forderungen und einer gemeinsamen Zukunft. „In Bauchs Bildern schreiben sie sich direkt ein und kommen zu Wort.“
Marc Botschen, geboren 1991, greift in Soft Pass auf ein belastetes Erbe zurück: den „Ahnenpaß“ seines Urgroßvaters. Ausgehend von diesem Dokument entwickelt er eine Bildsprache zwischen Text und Ornament. Die Tableaus und Fotografien deuten auf tieferliegende Fragen nach Herkunft, Selbstinszenierung und Identität. „In vielen Details verweisen sie auf die Verwaltung von Individualität und Herkunft und betreffen Prozesse der Selbst-Einschreibung und der Über-Identifikation.“
Mit der Videoarbeit Unstable Group bringt Dudu Quintanilha, geboren 1987, die Dynamik von Gruppenzugehörigkeit ins Zentrum. In Zusammenarbeit mit Laiendarstellern aus Frankfurt am Main erkundet er mit Methoden des Theaters und der Gruppentherapie das Verhältnis von Ich und Wir. „Sie werfen Fragen nach der Erzählung und Aufführung des Selbst auf und zeigen, wie stark das Ich vom Wir bestimmt wird.“ Die filmische Arbeit lädt ein zur Reflexion – und zum Zweifel. „Mit seinem Video lädt Quintanilha zu einer produktiven Verunsicherung ein.“
Ramona Schacht, geboren 1989, bringt mit PICTURES AS A PROMISE (p.a.a.p.) Archivmaterial aus der Textilindustrie in Leipzig und Kyiv in einen neuen Kontext. In ihrer fortlaufenden Serie reflektiert sie über Kleidung, Gesten, Arbeit und die Rolle der Frau in unterschiedlichen historischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. „Schacht unterzieht das sozialistische Versprechen, Klassen- und Geschlechtergrenzen aufzuheben, einer fotografischen Revision.“
Diese Ausstellung ist mehr als eine Werkschau. Sie ist ein Spiegel unserer Zeit, unserer Geschichte, unserer Körper und unserer kollektiven Träume. Das Museum für Photographie Braunschweig lädt ein zur Auseinandersetzung – mit Bildern, die nicht nur dokumentieren, sondern aufwühlen, befragen und neue Räume öffnen.
This text has been edited to present the content in a clear and easily understandable manner. Details about the editing process and our use of AI can be found here.