Mit „Two Heavens As One“ präsentiert das Kunsthaus Göttingen die erste institutionelle Einzelausstellung des deutschen Fotografen Neven Allgeier (*1986 in Wiesbaden, lebt und arbeitet in Wien). Auf zwei Stockwerken gibt die Ausstellung einen umfassenden Einblick in Allgeiers Arbeiten. Gezeigt werden Fotografien aus der Werkserie „Fading Temples“, die 2021 in Buchform im Distanz Verlag erschienen ist, sowie neue Arbeiten, die erstmals öffentlich präsentiert werden.„Fading Temples“ kombiniert Porträts von Jugendlichen mit Environments – Natur- und Landschaftsbilder, urbane Räume, Stillleben und Interieurs. Durch die Gegenüberstellung und den spielerischen Wechsel zwischen diesen unterschiedlichen fotografischen Genres entsteht ein eindrucksvolles und berührendes Panorama einer Generation junger Menschen, die mit Klimakrise, Pandemie, Krieg und sozialen Medien aufgewachsen sind. Die Porträts und die mit ihnen verknüpften Environments erzählen auf sensible und unaufgeregte Weise vom Lebensgefühl der Generation Z und vom Zustand unseres Planeten. Auf den ersten Blick wirken die Protagonist*innen in Allgeiers Bildern müde und aufgelöst, so als hätten sie gerade eine lange Party hinter sich, und die Landschaften mit ihrem weichen Licht und sanften Farben rufen idyllische Naturvorstellungen hervor.
Die Art und Weise, wie Allgeier die jungen Menschen und ihre Umgebungen ins Bild setzt, birgt jedoch eine Brüchigkeit, die stets subtil und uneindeutig ist. Das orangene Licht hinter den Bäumen könnte ein Waldbrand sein, die tosende Brandung und bedrohlichen Wolkenformationen Anzeichen einer Naturkatastrophe. Verrußte Autos erzählen von Luftverschmutzung, verwelkte Sonnenblumen von Zerfall und Vergänglichkeit. Diese dystopische Stimmung spiegelt sich auch auf den Gesichtern der Jugendlichen wieder. Auch wenn gegenwärtige Krisen und Entwicklungen wenig hoffnungsvoll auf die Zukunft blicken lassen, scheinen die Porträtierten jedoch selbstbewusst und selbstverständlich einen Bereich für sich zu beanspruchen, den sie frei gestalten können: ihr Aussehen, ihre Körper, ihre Geschlechtsidentität, ihre Selbstdarstellung. Neven Allgeiers Arbeiten verhandeln zahlreiche aktuelle Themen unserer Zeit und überzeugen durch ihren unkonventionellen Umgang mit ästhetischen Möglichkeiten und Fragen zeitgenössischer Fotografie. Die neueren Arbeiten, die im zweiten Raum zu sehen sind, knüpfen an „Fading Temples“ an, setzen den fotografischen Fokus jedoch stärker auf Einzelbilder und sequenzielle Bildfolgen. Damit entwickelt Allgeier nicht nur seine künstlerische Ausdrucksweise weiter, sondern kreiert neue Sichtweisen und stellt seine Themen nochmal in einen anderen formalen und inhaltlichen Kontext.