Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Abstraktion sowohl in Europa als auch in Amerika zum Symbol der Freiheit. Als neue Weltsprache der Kunst gilt dieser letzte Stil der Kunstgeschichte, als Höhe- und Endpunkt der Malerei. Er wird zum Inbegriff des künstlerischen Temperaments, der expressiven Subjektivität und der Heroisierung des Individuums.Gegenständliche Kunst ist Propaganda, die Ausdrucksform von Diktaturen vom Nationalsozialismus bis zum Stalinismus. Abstrakte Malerei ist die Antwort auf diesen Realismus im Dienst der Propaganda. Abstraktion als existenzieller Selbstausdruck des Künstlers entsteht aus der Weigerung, sich in Kunst und Form Gesetzen und Regeln zu unterwerfen. Dass man als nonkonformistischer Abstrakter auch populär und geradezu volkstümlich werden kann, beweist in Österreich der als Maler wie Architekt tätige Friedensreich Hundertwasser.
In den 1960er-Jahren beginnen deutsche Künstler – von Jörg Immendorff über Markus Lüpertz bis zu Anselm Kiefer – sich mit der Katastrophe des Weltkriegs auseinanderzusetzen, die Deutschland zweimal über die Welt gebracht hat: Es sind die Schatten einer dunklen Vergangenheit, die den benennbaren Gegenstand, Themen und Motive, wieder in die Kunst einführen. Nicht zu Zwecken der Propaganda aber machen die Maler sich die Gegenständlichkeit zunutze, sondern als Kritik an der eigenen Geschichte: dem Krieg, der Teilung Deutschlands, der Zersplitterung der Gesellschaft.
Während sich die amerikanische Kunst der Pop-Art ab den 1960er-Jahren vorrangig mit den Folgen des Kapitalismus, der Kommerzialisierung der Gesellschaft und der Warenwelt, beschäftigt, nehmen Georg Baselitz, Jörg Immendorff und Markus Lüpertz die verhängnisvolle Vergangenheit der eigenen Nation in den Blick.
Die Ausstellung ist von 10. April bis 3. November in der ALBERTINA KLOSTERNEUBURG zu sehen.