Stefan Wewerka, Arsenal, 1967 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 Stefan Wewerka, Arsenal, 1967 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 - Mit freundlicher Genehmigung von: skd

Was: Ausstellung

Wann: 10.11.2023 - 18.02.2024

Das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zeigt mit der Ausstellung „Postkartenkilometer. Künstlerkarten in Europa von 1960 bis heute“ rund 500 Postkarten von annähernd 200 Künstlerinnen und Künstlern aus der Privatsammlung des britischen Schriftstellers Jeremy Cooper.

Damit möchte die Präsentation die gestalterische und inhaltliche Bandbreite…

Das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zeigt mit der Ausstellung „Postkartenkilometer. Künstlerkarten in Europa von 1960 bis heute“ rund 500 Postkarten von annähernd 200 Künstlerinnen und Künstlern aus der Privatsammlung des britischen Schriftstellers Jeremy Cooper.

Damit möchte die Präsentation die gestalterische und inhaltliche Bandbreite der Postkarte in der internationalen Kunstszene der letzten 60 Jahre sichtbar machen. Kostengünstig und oftmals in hoher Auflage produziert, erreichte sie mit ihrer Kombination aus Bild und Text ein großes Publikum. Die Künstlerkarte kann ein originalgrafisches Kunstwerk sein oder durch künstlerische Überarbeitung sogar ein Unikat. Subversiv und demokratisch, war sie so für viele Künstlerinnen und Künstler ein geeignetes Kommunikationsmittel, um Kunst und Leben zusammenzuführen, Ideen zu verbreiten, zu Ausstellungen einzuladen und sich miteinander zu vernetzen. Sichtbar wurde das in der Fluxus-Bewegung ebenso wie in der Mail-Art. Beide künstlerische Strömungen waren bis zum Ende der 1980er-Jahre in West- und Osteuropa stark verbreitet. Auch in der konzeptuellen Kunst war die Postkarte ein beliebtes Medium. Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt von Ausstellung und Katalog auf den 1960 bis 1980er-Jahren, umfasst aber auch charakteristische Beispiele für die Zeit nach 1990. Seit der Nutzung von Smartphone und sozialen Medien hat die analoge Postkarte allgemein einen schweren Stand, verschwunden ist sie dennoch bis heute nicht.

Jeremy Cooper hat seine Sammlung von insgesamt mehreren tausend Künstlerkarten in vielen Jahren intensiven Forschens zusammengetragen und 2019 einen ersten Teil im British Museum in London gezeigt. Durch den Fokus auf Deutschland und Europa gibt es diverse Anknüpfungspunkte im eigenen Bestand, etwa die vorhandenen Arbeiten von Robert Rehfeldt, Jürgen Schieferdecker, Joseph Beuys und Klaus Staeck oder eine größere Gruppe von Mail-Art-Karten, die 1978 in der wegweisenden Ausstellung „Postkarten. Künstlerkarten“ in der staatlichen Galerie Arkade in Ost-Berlin gezeigt wurden. Eine Auswahl dieser Karten ergänzt die Ausstellung.

Das Kupferstich-Kabinett hat den in Dresden arbeitenden Künstler Daniel Rode (*1971 in Eutin) eingeladen, auf die Postkarten-Ausstellung mit einer Intervention zu reagieren. Rode, dessen Kunst sich auf einem starken Interesse am Verhältnis von Schrift und Bild gründet, hat als Ausgangspunkt für die raumgreifende Arbeit NEXT TIME ein eigenes Postkartenmotiv konzipiert, das er in seiner Intervention variiert: in der Beschriftung, als Originalzeichnung und Reproduktion, als kleines Format und riesiges Plakat.

Der Titel der Ausstellung Postkartenkilometer bezieht sich auf die gleichnamige Postkarte des deutschen Künstlers und Verlegers Klaus Staeck (*1938 in Pulsnitz), die dieser 1977 für die documenta 6 konzipiert hatte und mit der er auf die große Verbreitung und Sichtbarkeit der Postkarte als Medium abzielte.

Die Ausstellung „Postkartenkilometer“ umfasst Künstlerpostkarten unter anderem von Joseph Beuys, Alighiero Boetti, Christian Boltanski, Marcel Broodthaers, Daniel Buren, Henryk Bzdok, Hanne Darboven, Jan Dibbets, Hans-Peter Feldmann, Robert Filliou, Cristina Garrido, Hans Haacke, Richard Hamilton, Dorothy Iannone, Anselm Kiefer, Martin Kippenberger, Jürgen Klauke, Milan Knizak, Mario Merz, Annette Messager, Alexandra Mir, Panamarenko, Robert Rehfeldt, Gerhard Richter, Klaus Rinke, Ulrike Rosenbach, Dieter Roth, Daniel Spoerri, Klaus Staeck, Endre Tót, Ben Vautier, Wolf Vostell.

Im Studiensaal wird parallel die Ausstellung „Paula Doepfner. Darkness at the break of noon” eröffnet. Gezeigt werden 13 Zeichnungen sowie Skizzen und Vorarbeiten der 1980 in Berlin geborenen Künstlerin.

Paula Doepfners minutiöse Zeichnungen gehen auf Skizzen zurück, die die Künstlerin als Zuschauerin von Hirnoperationen und Obduktionen an der Charité Berlin angefertigt hat. In einem akribischen und zeitaufwendigen Prozess entstanden auf feinem Transparentpapier verdichtete Schriftbilder, für die die Künstlerin winzige Buchstaben zu Textzeilen fügt. Mit bloßem Auge sind sie kaum lesbar, doch handelt es sich um präzise geschriebene Passagen aus unterschiedlichen Textquellen, die sich mit den dunkelsten Seiten menschlicher Existenz beschäftigen. Im Zentrum der Ausstellung steht eine Arbeit, die sich mit Alwin Meyers Buch „Vergiss Deinen Namen nicht. Die Kinder von Auschwitz“ beschäftigt. Es wurzelt in einer langjährigen und fortwährenden Spurensuche des Journalisten nach Überlebenden von Auschwitz. Andere Schrift-Zeichnungen basieren auf dem Istanbul-Protokoll, einem medizinischen Handbuch der Vereinten Nationen zur Erfassung und Dokumentation von Folter, und literarischen Texten von Anne Carson, Paul Celan und Durs Grünbein. In den Zeichnungen von Paula Doepfner fallen Schrift und Form zusammen; die Darstellungen bilden sich aus dem Text, der ihnen zugleich Inhalt und eine überzeugende Form in ihrer organischen und durchsichtigen Erscheinung gibt. Die schwierige Lesbarkeit der Texte ist kein Hindernis, sich in die zarten und doch emotional und inhaltlich stark aufgeladenen Kompositionen hineinziehen zu lassen.

Paula Doepfner studierte von 2002 bis 2008 Freie Kunst an der Universität der Künste Berlin und am Chelsea College of Art and Design London. In Berlin schloss sie ihr Studium als Meisterschülerin von Rebecca Horn ab. Ihre Arbeiten finden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wie dem Kupferstichkabinett Berlin und der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig.

Nach „Blue Links“ mit Cyanotypien von Daniela Keiser im letzten Jahr findet mit diesem Projekt eine weitere Ausstellung im Studiensaal in Dresden statt. Als Lernort ermöglicht dieser Raum eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Themen der Künstlerin, nicht nur anhand der Werke Doepfners, sondern auch anhand der von ihr verwendeten Literatur und Textquellen, die ausliegen.

Beide Ausstellungen werden von einem vielfältigen Bildungs- und Vermittlungsprogramm begleitet, darunter zwei Kunstgespräche mit Daniel Rode (17.01.2024) und Paula Doepfner (11.01.2024), eine Lesung von Durs Grünbein aus seinem aktuellen Gedichtband „Äquidistanz“ (25.01.2024) und ein Vortrag von Alwin Meyer (6.12.2023).

Zur Ausstellung „Postkartenkilometer“ erscheint ein reich bebilderter Katalog in deutscher und englischer Sprache mit einem Beitrag des Sammlers und Co-Kurators Jeremy Cooper im Schirmer / Mosel Verlag, München, 128 Seiten. Preis im Museumsshop: 20 €, im Buchhandel 29,80 €. ISBN: 978-3-8296-0998-2

Paula Doepfner, I got nothing, Ma, to live up to, Text: „Vergiss Deinen Namen nicht - Die Kinder von Auschwitz“ von Alwin Meyer, 2022-2023 Tinte auf Gampi Papier © Paula Doepfner Paula Doepfner, I got nothing, Ma, to live up to, Text: „Vergiss Deinen Namen nicht - Die Kinder von Auschwitz“ von Alwin Meyer, 2022-2023 Tinte auf Gampi Papier © Paula Doepfner - Mit freundlicher Genehmigung von: skd / Staatliche Kunstsammlung, Dresden
Tags: Ansichtkarten, Dieter Roth, Joseph Beuys, Klaus Staeck, Kunstpostkarten, Paula Doepfner, Postkarten, Stefan Wewerka

10-18 Uhr, Montag geschlossen
Eintrittspreise
regulär 14 €, ermäßigt 10,50 €, unter 17 frei, ab 10 Pers. 12,50 €

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