Die Kunstsammlungen Chemnitz präsentieren die erste umfangreiche museale Einzelausstellung der spanischen Künstlerin Cristina Lucas (geb. 1972 in Jaén, lebt und arbeitet in Madrid) in Deutschland. Im Zentrum der Ausstellung stehen große Videoinstallationen; exemplarische Schlüsselwerke und jüngere Arbeiten der Künstlerin. Unending Lightning (Unendlicher Blitzschlag) heißt ihre dreiteilige Videoinstalla- tion, die die gesamte Geschichte der Bombenangriffe auf Zivilbevölkerungen seit Erfindung der Luftfahrt untersucht. Die visuelle Datenbank in Form eines mo- numentalen Triptychons wird ständig erweitert, so auch für die Chemnitzer Aus- stellung. Hier wurde vor allem zu Orten in Osteuropa und Russland recherchiert, ebenso zu Syrien, wo angesichts des Ausbruchs der Pandemie zumindest für eine kurze Zeit auf Luftangriffe verzichtet wurde. Auch die Stadt Chemnitz, die am 5. März 1945 schwer bombardiert wurde, ist in die Chronologie aufgenom- men.Ein weiterer Themenblock geht der kritischen Betrachtung ökonomischer Ver- hältnisse nach. Die Videoarbeit Europleasure International Ltd. Touch and Go widmet sich auf humorvolle Weise dem postindustriellen Strukturwandel in Liverpool und Gesten des Protestes. In der Stadt mit dem größten Karl Marx Mo- nument darf die Arbeit Surplus Value nicht fehlen, die danach fragt, was aus den Originalmanuskripten von Marx‘ Das Kapital geworden ist, die als kulturelle Doku- mente längst auch kapitale Wertschöpfung erfahren haben. Dazu Frédéric Buß- mann (Generaldirektor): »Lucas schreckt in ihren verschiedenen Arbeiten nicht vor schwierigen Verhältnissen zurück, bindet gegenwärtige Gesellschaftskritik in ihre Untersuchungen ein, verliert dabei aber nicht ihren Sinn für Humor – auch wenn er manchmal etwas bitter schmeckt.« So entwickelt sie immer neue Dar- stellungsweisen von Weltkarten und Kartografien, die Macht-, Sprach-, Ge- schlechter- und Energieverhältnisse ins Bild rücken.
Ihr jüngster Film People that is missing entstand im nördlichsten Teil von l von Svalbard (ehemals Spitzbergen) und verknüpft Landschaftsaufnahmen mit Textphänomenen. Das Voice-Over des Films ist ein langes Gedicht, zusammengesetzt aus Zitaten von Politker:innen, Philosoph:in- nen, Geolog:innen und Dichter:innen.
Das Werk von Cristina Lucas ist äußerst vielfältig. In einer neuen Werkserie von Gemälden stehen Chemie und Physik Pate. So entwickelt sie aus Spurenelemen- ten und Mineralien, die Bestandteil des menschlichen Körpers sind, Malmateria- lien und abstrakte »Kompositionen«. Kunst dient Lucas als eine ästhetische und verführerische Möglichkeit der Wissensproduktion, die von elementarer Neugier und Befragung des Umfeldes getragen ist.