In der Zeit vom 30. November 2019 bis zum 16. Februar 2020 laden die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) ein, das Japanische Palais und seine Räume neu zu entdecken. Namensgebend für die Ausstellungspräsentation ist die Rauminstallation library of exile des Keramikkünstlers und Autors Edmund de Waal (*1964 in Nottingham), die nach einer ersten Station in Venedig nun in Dresden zu sehen sein wird. Zwei raumgreifende Kunstinstallationen sowie das seit 1930 in Dresden beheimatete Damaskuszimmer begleiten die library of exile. Sie ergänzen weitere Facetten der grundlegenden Fragen nach Heimat, Heimatlosigkeit und Erinnerung, dem Leben zwischen den Kulturen und Gastfreundschaft.library of exileMit der library of exile würdigt Edmund de Waal das Werk von Schriftsteller*innen, die gezwungen waren und sind, zwischen den Kulturen und Sprachen zu wandern. Seine Bibliothek umfasst mehr als 2.000 meist übersetzte Werke von Exilautor*innen, die ihre Heimat verlassen oder ins Innere Exil emigrieren mussten. Die Außenwände der Bibliothek sind mit flüssig aufgetragenem Porzellan überzogen, auf die seit der Antike verlorene Bibliotheken eingeschrieben sind. Wie schon in Venedig sind die Besucher*innen auch in Dresden eingeladen, in einem Buch ihre persönlichen Geschichten von Flucht und Migration zu hinterlassen.
Meissener Teller aus der Sammlung von KlempererDie 18 Teller aus einem Meissener Tafelservice aus der Zeit um 1760 sind eindringliche Zeugnisse von Vertreibung und Verlust, aber auch von Restitution und Versöhnung. Sie stammen aus dem Besitz der jüdischen Familie von Klemperer, die 1938 aus Dresden floh und deren Sammlung konfisziert und an die Dresdner Porzellansammlung übergeben wurde. Die Teller wurden beim Bombardement 1945 stark beschädigt und erst vor knapp zehn Jahren als Scherben an die Familie restituiert. Edmund de Waal erwarb sie auf einer Auktion und bat die japanische Künstlerin Maiko Tsutsumi, sie in der traditionellen Kintsugi-Technik mit goldenem Lack wieder zusammenzufügen.
Corner I und IIDie in Warschau geborene Künstlerin Zuzanna Janin (*1961) widmet sich in ihren Arbeiten den Fragen nach Identität und Heimat und verarbeitet dabei persönliche Erfahrungen. Das Haus ihrer Familie in Warschau wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer getroffen. Seit den 1990er-Jahren verwendet Janin für ihre künstlerischen Arbeiten oftmals leichte Seidenstoffe, die sich wie ein architektonisches Gebilde in den Ausstellungsraum einfügen. Die Besucher*innen können die seidenen Raumskulpturen begehen und nachspüren, wie wandelbar und instabil jene Orte sein können, an denen man sich beheimatet fühlt.
The WellDer philippinische Künstler Mark Justiniani (*1966) suggeriert in seiner Arbeit The Well einen durch Spiegelungen nach unten in die Unendlichkeit fortgesetzten Raum, in dem Illusion und Wirklichkeit ineinander übergehen. Justiniani vertritt auf der diesjährigen Biennale von Venedig den philippinischen Pavillon mit einer raumgreifenden Installation, die sich ebenfalls der unendlichen Reflexion des Menschen und seines Umfelds widmete. In der eigens für das Japanische Palais geschaffenen Arbeit stellt ein Stapel Bücher – als Sinnbild des Wissens – die Wirbelsäule des menschlichen Lebenszyklus dar. Das Werk war bereits während der ersten Kinderbiennale 2018 im Japanischen Palais zu sehen.
Das DamaskuszimmerDas Damaskuszimmer im Museum für Völkerkunde Dresden ist ein einzigartiges Beispiel syrischer Dekorationskunst. Es besteht aus einer reich verzierten Holzvertäfelung (datiert 1810-11), die einst die Decke und Wände eines Empfangsraums für Gäste in einem Damaszener Wohnhaus schmückte. Es wurde nach Deutschland verkauft, wo es 1930 als Schenkung nach Dresden an das Museum für Völkerkunde Dresden der SKD gelangte.Vor dem Hintergrund des Syrien-Krieges, der kulturelles Welterbe aus mehr als sechs Jahrtausenden zerstört hat, gewinnt das auf Jahre angelegte Forschungs- und Restaurierungsprojekt des Damaskuszimmers zusätzlich an Bedeutung. So ist das Zimmer heute selbst ein Raum der Begegnung, der in einem gänzlich neuen kulturellen Kontext wiederentsteht und in der Diaspora Brücken etwa zu syrischen Communities in Dresden schlägt.Die Präsentation im ersten Stock des Japanischen Palais ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Restaurierung des Damaskuszimmers noch vor Abschluss des komplexen Vorhabens im kommenden Jahr.