Kunst betrachten - Kunst sehen, zu einem Teil wieder-sehen und zu einem Teil neu sehen. Anlass der Ausstellung ist das 30-jährige Jubiläum der Ereignisse in der DDR im Herbst 1989. Mit dem Zusammenbruch der DDR veränderten sich auch die Kunst- und Kulturverhältnisse grundlegend. Analog zur Wirtschaft war eine „neue“, bereits vorhandene Infrastruktur seit 1990 maßgebend.Dreißig Jahre nach der politischen Wende unternimmt die Städtische Galerie Dresden das Experiment, anhand einer kleinen Auswahl von Gemälden erneut Einblicke in den Bilderkosmos der letzten großen Kunstausstellung der DDR zu geben.
Durch die Möglichkeit der Re-Vision dieser Kunstwerke möchten wir mit unseren Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch kommen – sowohl über die Motive der präsentierten Kunstwerke, die künstlerischen Mittel als auch über die Frage, ob und wenn ja in welchem Umfang verschiedene Botschaften und Deutungen der Kunstwerke ihre Aktualität bis heute erhalten haben.
Es liegt die Vermutung nahe, dass einige Kunstwerke dieser großen Ausstellungen Eingang in das imaginäre Bildgedächtnis vieler Bürgerinnen und Bürger der DDR und vor allem vieler Dresdnerinnen und Dresdner gefunden haben und dort mit den Gefühlen von Heimat, Verlust und Zugehörigkeit verbunden sind. Aus dieser Perspektive gesehen ist die Kunst der DDR offenbar immer noch Teil der Koordinaten kultureller Selbstvergewisserung – unabhängig davon, dass diese Kunstausstellungen kulturpolitische Großveranstaltungen der DDR waren.
Ausstellung, Kunstwerke und Diskussionen wurden Teil einer visuellen Erfahrung, die ein Gefühl von Zugehörigkeit erzeugte. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob diese visuellen Erfahrungen auch Eingang in das kulturelle Gedächtnis fanden und damit dem Heimatbegriff und -gefühl immanent sind.
Mit dieser Fragestellung Heimat – Neue Heimat Dresden 2025 treten wir ein in den Diskurs zur Kulturhauptstadtbewerbung der Landeshauptstadt Dresden.
Wir stellen 34 Gemälde von 34 Künstlerinnen und Künstlern aus, die 1987/1988 in der X. Kunstausstellung der DDR im Albertinum zu sehen waren: Lothar Böhme, Gudrun Brüne, Hartwig Ebersbach, Steffen Fischer, Dieter Gantz, Sighard Gille, Eberhard Göschel, Christl Maria Göthner, Peter Graf, Clemens Gröszer, Ulrich Hachulla, Angela Hampel, Heidrun Hegewald, Johannes Heisig, Werner Juza, Wolfgang Mattheuer, Harald Metzkes, Gerhard Kurt Müller, Wolfgang Peuker, Uwe Pfeifer, Stefan Plenkers, Neo Rauch, Arno Rink, Gerhard Schwarz, Willi Sitte, Hans-Peter Szyszka, Andreas Thieme, Joachim Völkner, Frank Voigt, Andreas Wachter, Trak Wendisch, Jürgen Wenzel, Doris Ziegler und Rainer Zille.
Die Auswahl der Werke konzentriert sich zum einen auf das Individuum – sowohl in seiner Selbstbefragung als auch in seinem Verhältnis zur Gesellschaft. Zum anderen bestimmte die Auswahl zwei der wichtigen kunsthistorischen Bezugspunkte: Expressionismus und Verismus bzw. Neue Sachlichkeit. Vor allem der Expressionismus wurde als Ausdrucksform aktualisiert, um der Differenz des künstlerischen Subjektes gegenüber der Doktrin von Partei und Staat eine Form zu geben.
Gezeigt werden Werke von Künstlerinnen und Künstlern verschiedener Jahrgänge, vom damals 66-jährigen Willi Sitte, dem ältesten Künstler unserer Ausstellung, bis zum jüngsten, dem damals 27-jährigen Neo Rauch. Alle Gemälde stammen aus den 1980er Jahren. Mit 34 Werken zeigen wir etwa ein Zehntel aller in der X. Kunstausstellung präsentierten 323 Gemälde.
Dresden war der Austragungsort für die großen Kunstausstellungen der DDR. Diese Ausstellungen fanden in mehrjährigen Abständen statt und umfassten zum Schluss alle Gattungen der bildenden Kunst und darüber hinaus architekturbezogene Kunst, Kunsthandwerk, Formgestaltung, Gebrauchsgrafik, Fotografie, Szenografie und Karikatur. Sie waren DAS kulturpolitische Ereignis der DDR, über eine Million Gäste besichtigten die verschiedenen Ausstellungsorte in Dresden.
Die letzte Ausstellung dieser Art – die X. Kunstausstellung der DDR – fand vom 3. Oktober 1987 bis zum 3. April 1988 statt, als vom Ende der DDR noch nichts zu ahnen war. Das Spektrum der dort präsentierten malerischen Arbeiten reichte, symbolisch formuliert, vom Stillleben bis zur Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen der Zeit. Und in eben jener Breite wurde die gesamte Ausstellung sowohl durch die staatlichen Medien als auch durch die Besucherinnen und Besucher vor Ort intensiv diskutiert.
Bei den Exponaten handelt es sich ausnahmslos um Leihgaben. Insgesamt 21 Leihgeberinnen und Leihgeber haben uns ihre Werke anvertraut.
Die Gemälde stammen entweder vom Künstler selbst, aus Privatbesitz oder aus öffentlichen wie privaten Sammlungen.
Als Leihgeber beteiligten sich folgende Sammlungen und Museen: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie; Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin; Stiftung Stadtmuseum Berlin; Kunstsammlungen Chemnitz; Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst; Albertinum | Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Kunstfonds, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Angermuseum Erfurt; Stiftung Schloss Friedenstein Gotha; Kunstsammlung der Sparkasse Leipzig; Museum der bildenden Künste Leipzig; Meininger Museen, Kulturstiftung Meiningen – Eisenach; Collett Prague | Munich, a.s.; Leihgabe des Landes Sachsen-Anhalt; Nachlass Völkner | Depositum im Museum der bildenden Künste Leipzig; Klassik Stiftung Weimar, Museen.