Frauen bilden im Berufsfeld der Architektur leider immer noch eine Minderheit. Bis heute sind weniger als ein Drittel aller Architekten in Deutschland weiblich. Dabei studieren seit vielen Jahren und mit anhaltend steigender Tendenz mehr Frauen als Männer das Fach an den Hochschulen. Häufiger als früher erreichen sie mittlerweile auch leitende Positionen als Partnerinnen in Architekturbüros, als Stadtbaurätinnen, als Hochschullehrerinnen oder Kammer-Präsidentinnen. Diesen erfolgreichen Frauen stehen jedoch rund zwanzig Prozent der Hochschul-Absolventinnen gegenüber, die letztlich nicht in den Beruf einsteigen. Auch bei der Gründung von Büros oder der Besetzung einflussreicher Stellen bleibt Architektur vorerst noch Männersache.Diesem Tatbestand stellt die Ausstellung „Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf“ in Form von 22 exemplarischen Porträts und Werkbeispielen die persönlichen Geschichten von Architektinnen in Deutschland gegenüber, die das Genre maßgeblich beeinflusst haben oder bis in die heutige Zeit prägen. Beginnend bei Emilie Winkelmann, die 1907 das erste Architekturbüro in Deutschland gegründet hat, spannt die Ausstellung einen Bogen von der Baukultur der Weimarer Republik über die Architektur der NS-Zeit und den beiden deutschen Staaten der Nachkriegsära bis zur Wiedervereinigung und stellt darüber hinaus das Bauen von Architektinnen in der Nachwendezeit vor.
Neben Porträts, Modellen, Plänen und Zeichnungen werden in der Ausstellung in Form von acht filmischen Kurzporträts einige der Architektinnen auch selbst zu Wort kommen, darunter Iris Dullin-Grund, eine der renommiertesten Architektinnen der DDR, und Ingeborg Kuhler, die 1984 als erste Professorin an eine deutsche Architekturfakultät berufen wurde. Geboren zwischen 1930 und 1995 berichten diese Architektinnen über ein breites Spektrum ganz unterschiedlicher beruflicher Schwerpunkte und Jahrzehnte geballter Berufs- und Lebenserfahrung in einem männerdominierten Berufsfeld. Die ausgewählten Architektinnen stehen für verschiedene Milieus sowie unterschiedliche politische und fachliche Strömungen: Adlige und Bürgerliche, Bauhaus-Pionierinnen und Traditionalistinnen, die Sozialistin wie die Unternehmerin, ins Exil gezwungene Jüdinnen und eine prominente Nationalsozialistin. Einige – etwa Margarete Schütte-Lihotzky, Lucy Hillebrand oder Verena Dietrich – dürften zumindest einem Teil der Öffentlichkeit bekannt sein. Andere sind bisher selbst in der Fachwelt unbekannt geblieben.