Die Kunstsammlungen Chemnitz zeigen unter dem Titel M+M. Fan der Menschheit Videoarbeiten, Installationen und Foto-Serien des Künstlerduos M+M (Martin De Mattia *1963, Marc Weis *1965). Die in München arbeitenden Künstler wurden durch zahlreiche internationale Ausstellungen, Preise und Auf- enthaltsstipendien – wie etwa in der Villa Massimo in Rom 1998 oder im Deut- schen Studienzentrum Venedig 2017 – ausgezeichnet. 2012 gewannen sie ge- meinsam mit dem Berliner Architekturbüro Annabau den Wettbewerb für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal.In den Kunstsammlungen am Theaterplatz präsentieren M+M drei Werkgruppen, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren entstanden sind und die sich schwerpunktmäßig mit den gesellschaftlichen Entwicklungen der jüngsten Ge- schichte und deren psychologischen Auswirkungen auseinandersetzen. Dabei gehen M+M auch spezifisch auf die Stadt Chemnitz und die Kunstsammlungen ein.
Herzstück der Ausstellung ist der Panic Room Chemnitz (2019). In dieser raum- greifenden Installation entwickeln M+M eine zugespitzte zeitgenössische Be- standsaufnahme gesellschaftlicher Konflikte und weltpolitischer Ereignisse. Eine eigens für die Ausstellung entworfene Zeitung Merkel 05 mit der umstrittenen „Wir schaffen das“-Rede der Bundeskanzlerin, dient als Tapete für Wände und Fußboden des Ausstellungsraums. Fotografien der Serie in front sind über die Wände verteilt. Sie sezieren signifikante Nachrichtensendungen in der Auffäche- rung all ihrer Videostills und beziehen sich dabei auch auf die Vorkommnisse in Chemnitz im Sommer 2018. So entsteht ein beziehungsreiches Verweissystem, das auch die Allgegenwärtigkeit und manipulative Bildsprache der Medien reflek- tiert.
In der Vier-Kanal-Filminstallation 7 Tage inszenieren M+M sieben spielfilmartige Szenen als miteinander verwobene Doppelsequenzen und führen direkt in die Abgrde einer wechselhaften Psyche. Der Schauspieler Christoph Luser ver- körpert die ambivalente Hauptfigur, die höchst gegensätzlichen Situationen ausgesetzt ist. M+M hinterfragen in 7 Tage Konzepte der Identität vor dem Hin- tergrund einer radikal veränderten Zeitwahrnehmung. Die Filminstallation ist eine zentrale Arbeit des Künstlerduos und wurde in fast siebenjähriger Arbeit entwi- ckelt. Als Museumspremiere präsentieren die Kunstsammlungen Chemnitz auch den 2018 fertig gestellten Epilog der Filmreihe: Der 8. Tag. Der gesamte Zyklus nimmt in seiner komplexen und mehrschichtigen Erzählung auf die Filmgeschich- te des 20. Jahrhunderts Bezug.
Den Abschluss bildet als neueste Werkgruppe die abstrakte Fotoserie tessuti (2019). Sie spürt nahezu mikroskopisch dem Phänomen hochwertiger, traditio- neller Textilien nach, die als handgefertigte Brokate, Seidentapeten oder orna- mental gewebte Möbelbezüge Einzug nehmen in die Zentren religiöser oder politischer Macht: den Vatikan, den Kreml, das Weiße Haus, so wie auch in die Hotspots der High Society Hollywoods. tessuti wurde von M+M während ihres Aufenthaltes in Venedig begonnen und ist von der lokalen Textilproduktion inspi- riert, deren anachronistisch anmutende Ware weltweit als Luxusgüter verkauft wird. Sie schlägt einen Bogen zur Geschichte von Chemnitz, einer Stadt, die selbst von der Textilindustrie geprägt ist und deren Kunstsammlungen bis heute eine umfassende und im europäischen Kontext wichtige Textilsammlung besit- zen.