Nur noch bis 12. August ist die Ausstellung «Beyeler Collection / Nature + Abstraction» zu sehen! Natur und Abstraktion sind seit Langem ein Paar in der Kunst. Die zweite Sammlungspräsentation der Fondation Beyeler in diesem Jahr zeigt wie unterschiedlich Künstler sich damit auseinandersetzen. Von Claude Monet bis Roni Horn, von Piet Mondrian bis Barnett Newman oder von Gerhard Richter bis Tacita Dean – bei ihnen allen spielen die Beschäftigung mit der Natur und ihre jeweils ganz eigene Wahrnehmung derselben eine tragende Rolle. Beim Gang durch die aktuelle Sammlungspräsentation wird ersichtlich, dass Natur und Abstraktion auch unter dem Titel Wolken und Fläche oder Farbe und Licht stehen könnte. Werken von Brice Marden aus der Daros Collection ist ein eigener Raum gewidmet.Zum ersten Mal präsentiert werden die Neuankäufe der Werke Cúmulo (2016) der britischen Künstlerin Tacita Dean und Untitled (from the Series Deserto-Modelo) (2015-2018) des brasilianischen Künstlers Lucas Arruda. Mit ihrer Kunst versucht Dean das Flüchtige von Dingen und Phänomenen in der Natur, von Bewegung und Licht zu erfassen. Seit den Anfängen ihrer Karriere entstehen parallel zu ihrem herausragenden Filmwerk neben kleinformatigen Zeichnungen auf Papier auch grosse, zum Teil monumentale Wandtafelzeichnungen. Ihre Kreidezeichnungen wirken wie kinematografische Momentaufnahmen. Cúmulo zeigt eine atmosphärische Landschaft aus aufgetürmten Kumuluswolken, die über die schwarze Wandtafel hinwegzuziehen scheinen. Interessanterweise vermisst man angesichts des schwarz-weissen Wolkenspektakels die Farbe nicht – etwa dank des ausgesprochenen Detailreichtums? Mit dem Medium der Kreide gelingt es der Künstlerin, die unentwegte Veränderlichkeit und Flüchtigkeit des Himmels einzufangen. Das Bild bewegt sich so auf dem faszinierenden schmalen Grat zwischen fortwährender Unbeständigkeit und entrückter Zeitlosigkeit.
Die kleinformatigen Gemälde des brasilianischen Künstlers Lucas Arruda im Souterrain zeigen atmosphärische Landschaften. Oftmals geben sich diese jedoch lediglich durch einen angedeuteten Horizont in der Ferne zu erkennen. Dem Künstler geht es nicht um die Identifizierbarkeit einer bestehenden Umgebung: »Es ist vielmehr die Idee einer Landschaft anstatt eines realen Ortes«, sagt er. Arruda interessiert sich für die Wiedergabe des Lichts sowie die Materialität und Körperlichkeit der Farbe, die durch den dichten Farbauftrag zutage treten. So werden aus den zunächst klassisch anmutenden Landschaften nahezu abstrakte Licht- und Farbstudien. Die hier gezeigten Gemälde gehören zur umfangreichen Werkgruppe Deserto-Modelo. Sie wird in dieser Präsentation durch eine Projektion von bemalten Dias erweitert.
Aus Anlass des Public Art Project von Ernesto Neto, das die Fondation Beyeler vom 30. Juni bis 29. Juli 2018 im Hauptbahnhof Zürich zeigt, ist ein Raum im Museum dem brasilianischen Künstler Ernesto Neto gewidmet. Die frühen Werke Colonia, 1988, und paff puff and the eternal infinite, 1998, machen diesen Raum zu einer besonders sinnlichen Erfahrung. Ergänzt wird diese Präsentation durch das Sammlungswerk Altar for a plant, 2017, das eigens für den Pavillon im Berower Park entworfen wurde.
Dem amerikanischen Künstler Brice Marden ist der zentrale Raum der diesjährigen Sommer-Sammlungspräsentation gewidmet. Die so klar und einfach wirkenden Bilder Brice Mardens sind zutiefst geprägt von persönlichen Interessen und der Faszination für Natur, Licht und Farbe. So äusserte der Künstler einmal: »Ich glaube, es sind hochemotionale Gemälde, die nicht aus einem technischen oder intellektuellen Grund bewundert, sondern gefühlt werden sollen.« Geradezu beispielhaft veranschaulichen die hier ausgestellten Werke die subtilen Entwicklungen in Mardens bisherigem Schaffen seit den späten 1960er-Jahren. Von seinem reduzierten, von Grautönen dominierten Frühwerk – darunter das Gemälde Long Gulf (1971), das den Blick des Künstlers auf den Horizont des Golfs von Mexiko widerspiegelt – führt der Weg zu neueren, poetischen Arbeiten und die Auseinandersetzung mit freieren Formen, wie bei The Muses (1991–1993), hin zu seinem jüngst entstandenen Bild Winsor + Newton, 2016 /17.
1978 wurde der Künstler eingeladen, neue Glasscheiben für den Chor des Basler Münsters zu entwerfen. Durch diesen Auftrag fand er einen neuen Zugang zur Bedeutung und Wiedergabe von Licht in seinen Werken. Sieben Jahre beschäftigte sich Marden mit dem Projekt, das ihm, obwohl es nie zur Ausführung gelangte, einen spirituellen Umgang mit neuen Bildlösungen und Materialien eröffnete. In dieser Auseinandersetzung erweiterte sich seine Formensprache zusehends: Die fünf Paneele des friesartigen Second Window Painting werden nicht mehr wie zuvor allein durch Vertikalen und Horizontalen, sondern auch durch diagonale Linien geometrisch rhythmisiert. Die Werke von Brice Marden, die in diesem Saal gezeigt werden, sind Leihgaben aus der Daros Collection, Zürich.
Auch Liebhaber der Fondation Beyeler Sammlungshighlights kommen bei dieser Sammlungspräsentation nicht zu kurz. Gleich zu Beginn der Ausstellung trifft Piet Mondrian auf Wassily Kandinsky. Von Mondrian befindet sich eine Gruppe von Werken in der Sammlung, welche die wichtigen Entwicklungsstufen seiner Bildsprache von der Darstellung der Natur hin zur Abstraktion vor Augen führen. Auch Mondrians kubistische Phase war ein wichtiger Schritt auf seinem Weg dahin.
Des Weiteren ist das bedeutende Werk von Max Ernst, die Schneeblumen (1929) zu sehen, die in seiner Pariser Zeit entstanden, während der Ernst den Surrealismus massgeblich mitprägte. Mithilfe ungewöhnlicher künstlerischer Techniken hat Ernst auf zwei dunklen Hügeln wundersame Blumen zum Blühen gebracht, die wie kristalline Erscheinungen in einem imaginierten Weltall wirken. Auch das für das Museum ikonische Gemälde Claude Monets Le bassin aux nymphéas (um 1917–1920) erscheint in der Gegenüberstellung mit Olafur Eliassons Polar Fall Fade (2013) in einem neuen Licht.
Im Souterrain treffen Werke von Ellsworth Kelly aus den Jahren 1961–2002 auf das Stabile 4 Planes in Space (ca. 1955) von Alexander Calder. Die beiden Künstler verband eine langjährige Freundschaft. Sie lernten sich 1952 in Paris kennen. Während Kelly, damals 29 Jahre alt, noch am Anfang seiner künstlerischen Laufbahn stand, war Calder mit 54 Jahren längst ein angesehener Künstler. Die Freundschaft mit Calder war für Kelly künstlerisch inspirierend und wichtig.
Arbeiten von Jenny Holzer, Tino Sehgal und Ernesto Neto sind im Garten der Fondation Beyeler in Gesellschaft von Alexander Calders The Tree (1966) zu sehen.
Die Ausstellung «Beyeler Collection / Nature + Abstraction» wurde kuratiert von Theodora Vischer, Senior Curator Fondation Beyeler.
Online–Ticketing für Eintritte und Veranstaltungen unter www.fondationbeyeler.ch Oder Vorverkauf direkt an der Museumskasse.
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