Die zwanziger Jahre waren die goldene Zeit der Illustration. Neue Drucktechniken ermöglichten Abbildungen auch auf einfachem Zeitungspapier. Eine Riege von hervorragenden Zeichnern belieferte die Berliner Presse, allen voran den Ullstein-Verlag mit seinem Flaggschiff, der Zeitschrift Die Dame. Tucholsky und Brecht, Schnitzler und Ringelnatz schrieben hier. Die Zeitschrift war fortschrittlich und emanzipiert, elegant und extravagant. Zwei der führenden Zeichner der Dame sind mit umfangreichen Werkgruppen in der Grafischen Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe (MKG) vertreten und werden hier das erste Mal ausführlicher gezeigt.Marlice Hinz (1903–1978) lernte Schneidern an der renommierten Reimann-Schule in Berlin, verlegte sich aber schon 1925 auf das Zeichnen. Sie gehörte zum festen Mitarbeiterstamm des Verlages und lieferte in ihrem zarten und sehr präzisen Stil zahlreiche Beiträge zu Themen wie Mode und modernes Leben. Auch nach ihrer Hochzeit und dem damit verbundenen Umzug nach Hamburg 1928 arbeitete sie weiterhin für Berliner Verlage.
Ernst Dryden (1887–1938) war ebenfalls auf Mode spezialisiert. Er berichtete für Die Dame aus Paris und über die neuesten Capricen der Haute Couture. Dryden stammte aus Wien; eine erfolgreiche Karriere als Plakatmaler in Berlin unterbrach der Erste Weltkrieg. Danach entwarf er Mode für Knize in Wien, später für Haute Couture-Häuser in Paris. 1929 ging er in die USA. Hier zeichnete er für gehobene Konfektionshäuser wie Saks Fifth Avenue, ging aber schon zwei Jahre später nach Hollywood, um Filmkostüme zu entwerfen. Billy Wilder, für den er mehrfach arbeitete, nannte ihn den „elegantesten Mann der Welt“.