Die Ausstellung "Ost trifft West - exquisite Kostbarkeiten des Art déco" wird verlängert. Somit wird die hochkarätige Sammlung von Prinz und Prinzessin Sadruddin Aga Khan nicht nur bis Dreikönig, sondern bis zum 3. März 2019 im Schmuckmuseum Pforzheim zu sehen sein.Und wenn Sie noch ein schmuckes Weihnachtsgeschenk suchen, möchten wir Ihnen abermals unseren Wandkalender für 2019 ans Herz legen. Er zeigt Schmuck aus unserer Sammlung, die sonst nur hinter Glas zu betrachten sind, an Menschen von heute.
Die gegenseitige Faszination zwischen Orient und Okzident hat seit der Antike immer neue Kunstformen hervorgebracht. Exotische Ornamentik von persischen Miniaturen oder japanischen Drucken, aus China oder dem Nahen Osten ließen sich trefflich mit dem Wunsch nach dekorativem und außergewöhnlichem Luxus in der Zeit des Art déco verbinden. Ebenso waren die 1920er-Jahre durch technologischen Fortschritt und rasante Veränderungen in der Gesellschaft gekennzeichnet. Beides spiegelte sich in der (Schmuck-)Kunst jener Zeit wider, indem überbordende Motive und Farbigkeit in klare Formen und kühle Materialien gebracht wurden. Die Nécessaires, Zigarettenetuis und Uhren der Sammlung des Prinzen und der Prinzessin Sadruddin Aga Khan sind herausragende Zeugnisse davon. »Diese Glanzstücke der renommiertesten Pariser Juweliere hier im Schmuckmuseum zeigen zu können, bevor sie im Musée des Arts Décoratifs in Paris zu sehen sein werden, ist etwas ganz Besonderes«, betont Museumsleiterin Cornelie Holzach.
Wie die Sammlung entstandDie Sammlung nahm ihren Anfang, als Prinz Sadruddin seiner Frau an Heiligabend 1972 eine exquisite Zierdose von Cartier schenkte. Bis zu seinem Tod im Jahr 2003 erwuchs daraus mit 116 Stücken die größte Einzelsammlung an Etuis und Uhren des Art déco. Sie stammen zumeist von Cartier, aber auch von Van Cleef & Arpels, Boucheron oder Bulgari und waren allesamt persönliche Gaben Sadruddins an seine Frau — »representing the sweetness of their more than thirty-year marriage and their famed reputation for collecting important art«, wie Sarah Davis im Buch über die Sammlung schreibt. Von der Motivik her sind sie Ausdruck des intensiven Kulturaustauschs zwischen Ost und West. Für diesen Dialog stand Sadruddin Aga Khan selbst, denn er war in Frankreich und dem Nahen Osten aufgewachsen und später von Berufs wegen bei den UN tätig. Bereits in den 1950er-Jahren hatte er begonnen, orientalische Miniaturen zu sammeln. Da deren Motive auch von Juwelieren aufgegriffen wurden, finden sich diese vielfach auf den Etuis wieder und verbinden so beide Sammlungen des Prinzen. Seine Lieblingsthemen waren Gärten, Blumen, die Jagd, und Tiere, vor allem Großkatzen.
Ein herausragendes Beispiel ist das »Panther«-Schminketui von Cartier aus dem Jahr 1925. Es zeigt einen Panther vor einer Szenerie mit Zypressen, den vorherrschenden Bäumen persischer Miniaturlandschaften, gearbeitet in Email sowie mit Perlmutt, Rubinen, Türkis, Onyx und Diamanten. Der Panther war möglicherweise auch von den Zeichnungen Paul Jouve inspiriert, der Rudyard Kiplings Dschungelbuch illustriert hatte. Im Vergleich zu Schmuck boten Nécessaires und Etuis eine größere Fläche für Neuinterpretationen solch exotischer Motive. Dieses Meisterwerk war auf der Exposition internationale des Arts décoratifs et industriels modernes in Paris 1925 ausgestellt.
Accessoires der modernen FrauDie 1920er- und 30er-Jahre waren eine Zeit tiefgreifender Veränderungen in der Gesellschaft, nicht zuletzt in Bezug auf die Stellung der Frau. Diese war jetzt selbst verantwortlich für ihr Image. Entsprechend hatten Kleider die von ihr gewünschte Länge, und das Haar war kurz und leicht zu frisieren. Juwelengeschmückte Zigaretten- und Schminketuis gehörten zur modischen Ausstattung der Gesellschaftselite für die Nacht, die es auf glamourösen Dinnerpartys in exotisch dekorierten Appartements oder rauchigen Nachtclubs ostentativ zu zeigen galt. Sie waren Statussymbole und Ausdruck von Geschmack und Mode zugleich. Darin war Platz für alles Essentielle wie Rouge, Parfum, Lippenstift oder Zigaretten. Letztere wurden für Frauen zum Zeichen von Modernität und Emanzipation. Der Zeitgeist findet sich auch in einem aus Lapislazuli gefertigten Etui von Van Cleef & Arpels aus dem Jahr 1928 wieder. Darauf ist ein Dreieck aus Bergkristall zu sehen, das an die Spuren einer Rollbahn erinnert. 1927 war Charles Lindbergh nach dem ersten Nonstop-Transatlantikflug in Paris gelandet. Dieses Ereignis wird hier in stromlinienförmiger Dynamik vor dem Lapisblau des Himmels aufgegriffen.
Neben Zigaretten- und Schminketuis befinden sich auch Uhren in der Sammlung Aga Khan, die meisterhaft ausgeführte Werke mit extravaganten Gehäusen kombinieren. Bei Cartier etwa arbeiteten erstklassige Uhrmacher mit hervorragenden Designern zusammen. Ein Beispiel dafür ist eine Mystery Clock mit einem Wächterlöwen. Ihr Zifferblatt, vor dem sich die Zeiger ohne erkennbare Verbindung zum Werk bewegen, wird hier von einem aus Jade geschnitzten Löwen aus dem 19. Jahrhundert gehalten. In chinesischer Tradition galt der Löwe als Wächter des Buddhismus, der Häuser und Tempel bewachte, üblicherweise in Form von paarweise die Eingänge flankierenden Statuen. Diese Uhr wurde 1930 in der Zeitschrift Vogue unter der Überschrift »Gifts with a Princely Gesture« abgebildet, diskret darauf hinweisend, dass solche Kostbarkeiten für die erlesensten Kunden von Cartier, wie eben Prinz Sadruddin Aga Khan, kreiert wurden.
In Gänze wurde die Sammlung erstmals 2017 im Cooper Hewitt Museum in New York gezeigt. Vor der Ausstellung in Pforzheim ist sie in der École des Arts Joailliers von Van Cleef & Arpels in Paris und anschließend in anderen Museen in Europa zu sehen.
Unter dem Titel »Jeweled Splendors of the Art Deco Era. The Prince and Princess Sadruddin Aga Khan Collection« ist 2017 in New York ein prächtiger Band über die Sammlung erschienen.