Der 1896 in Kiel geborene Maler und Grafiker Otto Niemeyer – später fügt er seinem Familiennamen die Bezeichnung seiner Heimat Holstein hinzu – ist für seine stimmungsvollen, farbatmosphärisch ergreifenden, bis zur Abstraktion vereinfachten Landschaftsbilder der Ostseeküste bekannt geworden. Insbesondere die Küstenlandschaft um Lüttenort auf der Insel Usedom, die ab 1939 zu seinem ständigen Wohnsitz wird, ist ein häufig gewähltes Motiv. Entscheidende Impulse erhält Niemeyer-Holstein zunächst durch die Begegnung mit Alexej von Jawlensky, Arthur Segal und Marianne von Werefkin im Tessin, in Ascona. Neben weiteren prägenden Reisen in die Schweiz, nach Süditalien, Paris, in den Osten bis nach Usbekistan scheint die viermonatige Asienreise im Sommer 1960 für den Künstler eines der beeindruckenden Erlebnisse gewesen zu sein. Mit dem Motor-Fracht-Schiff „Leipzig“ fahren er und seine Frau Annelise von Wismar über die Ost- und Nordsee, das Mittelmeer, durch den Suezkanal, über den indischen Ozean bis nach China.Neben zahlreichen Radierungen entstehen Ölbilder, die unterschiedlichste Ansichten vom Schiff auf das weite Meer, auf Häfen oder das Treiben der Dschunken, der chinesischen Segelschiffe, an der Küste festhalten. Die pastos und teilweise lasierend, mit einem oft skizzenhaften Pinselstrich aufgetragenen Blau- und Gelbtöne tauchen die Szenerien in ein helles, weißes und bewegtes Licht, dessen Rhythmus einen harmonischen Farbklang evoziert. Als Otto Niemeyer-Holstein – 1963 zum Präsidenten des Internationalen Komitees der Biennale der Ostseeländer berufen – gefragt wird, warum er in den Süden reise, antwortet er, „um meine Heimat – das ist die Ostseeküste – noch charakteristischer erfassen und gestalten zu können.“
Von den rund 60 in der Kunsthalle Rostock aufbewahrten Werken, die Otto Niemeyer-Holstein auf dieser Seereise geschaffen hat, ist derzeit eine kleine Auswahl im Café ausgestellt. Fast alle der gezeigten Werke erwarb die Kunsthalle Rostock 1984 nach dem Tod des Künstlers. Bereits im Dezember 1981 wurde die Schenkungsurkunde zur Übereignung eines Großteils seines grafischen und malerischen Nachlasses unterzeichnet.