Am 30. Juni 2016 ist Reinhold Ponesch zu Gast bei Barbara Stöckl in ORF2. Im Kunstraum der Ringstrassen Galerien eröffnet seine Ausstellung City of Dreams am 1. August 2016 um 19 Uhr. Dauer der Ausstellung: bis 13. August 2016.Nina Binder über Reinhold PoneschGrelle Farben, kraftvoll gezogene Linien, gesprayte Schriftzeichen, dazwischen menschliche Gesichter, aus Zeitschriften hierher versetzt. Scheinbar unabhängige Formen überlagern sich zu einem Ganzen: eine innere Nähe zur Street Art ist spürbar, zu einer freien und wilden Kunst.Der Hinweis auf die Street Art ist gerade bei einem Werkkörper, der während eines sechsmonatigen New-York-Aufenthalts entstanden ist, sinnvoll: Nicht nur die brodelnde Kunstszene und der frische Geist der Stadt haben den österreichischen Künstler Reinhold Ponesch dorthin gelockt, sondern auch das reiche Leben auf ihren Straßen, die Street Art, die Rap-Musik.
Poneschs Werdegang ist so unkonventionell wie sein Werk: Er beginnt während seiner Zeit bei der Antiterroreinheit Cobra zu malen und verschreibt sich 2004 schließlich ganz der Kunst. Zum Zeitpunkt, als ihn der renommierte Kurator John Silvis nach New York einlädt um dort künstlerisch zu arbeiten, blickt er bereits auf mehrere nationale und internationale Ausstellungen zurück und ist als Preisträger des Kapsch-Awards 2013 auch in Österreich erfolgreich.
Reinhold Poneschs Kunst bewegt sich an der Grenze, auf einer schmalen Linie zwischen Figur und Abstraktion, zwischen der zweiten und der dritten Dimension, Klarheit und Rätsel, zwischen dem Rauschen von Form und Farbe und der Stille des Malgrunds. Er verdichtet dieses Repertoire zu vielschichtigen Kompositionen – zu einer Anhäufung von Linien und Flächen, die miteinander Bildtiefe erzeugen und dadurch Räumlichkeit, in der sich der Betrachter wiederfinden und verorten kann. Auf unverkennbare Weise verschmilzt er Gegensätze zu kraftvollen Kompositionen geprägt von leuchtenden, oft grellen, Farben, einer informellen Linienführung und der Liebe zum Experiment mit Formen und Materialien.
Diese Liebe zeigt sich auch darin, mit welcher Leichtigkeit Reinhold Ponesch die Grenze zwischen Malerei und Collage überschreitet. Ganz natürlich mischen sich Zeitungsausschnitte, Teile von Plakaten, alte Fotos und ähnliche Bildbausteine in die Farbwirbel. Oftmals sind sie die ersten Elemente auf der Leinwand, wo sie manchmal zur Gänze verschwinden und nur als sinngebender Kern im Geiste des Künstlers zurückbleiben. Denn auch der Akt des Malens ist ein Grenzgang, ein Spiel mit den Möglichkeiten. So liegen manchen Werken Ideen zu Grunde, Vorstellungen, die mit wenigen Strichen auf den Malgrund skizziert werden, andere beginnen als Ergebnisse automatischer Handlungen: Hingeworfene Striche und Linien, die erst in einem zweiten Schritt vom Künstler interpretiert und zu Form oder Farbanhäufung verdichtet werden. Dabei ist es sein Wunsch, dem Betrachter die fertige Arbeit so offen wie möglich zu übergeben. Ursprüngliche Bedeutungen behält er für sich: Jeder und jede soll mit der Kunst die eigenen Eindrücke und Gefühle verbinden: Kunst als völlig subjektives Erleben, das Kunstwerk als Objekt, das, so es einmal vom Künstler losgelassen wurde, jedem zu Verfügung steht, dem sich jeder auf seine Art nähern darf, ja muss.
Wie ein Emblem für dieses Offenlassen steht ein auf den ersten Blick eindeutiges Bild: „All that glitters“ ist ein in vieler Hinsicht bezeichnendes Werk sowohl für den klassischen Reinhold Ponesch, als auch für die neue Werkphase, die er in New York begonnen hat. Der ansprechende, dennoch bewusst offengelassene Titel und der gerade nicht zu entziffernde Text sind genauso bekannte Elemente, wie die Kombination von Gegenständlichkeit mit Gegenstandslosigkeit. Dass hier die Gegenständlichkeit durch tatsächliche, auf die Leinwand gebrachte Objekte repräsentiert ist, ist ein Zug, den der Künstler aus New York mitgebracht hat: Während der Künstler immer schon Techniken, Malmittel und Materialien gemischt hat, bindet er jetzt noch stärker andere Elemente ein – hier sind es Garn, Münzen und ein Stück einer amerikanischen Flagge, die Materialität und Bedeutung suggerieren. Das dabei ausgerechnet die dreidimensionalen Elemente, die aus dem Bild reliefartig in den Raum ragen, die Arbeit an die Fläche binden und informell werden lassen, ist beispielhaft für einen Künstler, der in beiden Sphären spielt und sich niemals fangen lässt. Durch dieses kraftvolle Spiel öffnet uns Reinhold Ponesch Seelenlandschaften als Projektionsflächen für unsere eigenen Empfindungen – zeigt uns seine City of Dreams und schenkt uns unsere eigene.
Der Beitrag von Nina Binder erschien in der Zeitschrift VERNISSAGE 326, Juli-August 2016.Werke auf des Künstlers siehe auch ponesch.com