Mit SAMMELN IM FOKUS 5: Die Inaya-Möbel von Rudolph M. Schindler präsentiert das MAK eine exquisite Erweiterung seines Bestands: neun Möbelstücke, die der renommierte, österreichstämmige Architekt Rudolph Michael Schindler (1887–1953) um 1946 in den Vereinigten Staaten entworfen hat. Die Objekte waren Teil einer Einrichtung für das Apartment der russischen Emigrantin Beata Inaya in Los Angeles, einer enthusiastischen Befürworterin moderner Architektur und persönlichen Freundin Schindlers. Im Rahmen der Reihe SAMMELN IM FOKUS stellt das MAK bereits zum fünften Mal eine rezente und wichtige Neuerwerbung oder Schenkung der Öffentlichkeit vor.Die Inaya-Möbel – ein Esstisch, ein Schminktisch, vier Stühle und drei Kommoden aus dem Spätwerk Schindlers – fanden 2014 Eingang in die Sammlung des MAK, das in der Erforschung und Verbreitung von Schindlers Werk seit Jahrzehnten eine Schlüsselrolle einnimmt. Das Möbeldesign des in Wien geborenen Wagner-Schülers ist stets betont geometrisch und basiert auf Rechtecken, Quadraten und Halbkreisen. In seinen architektonischen Entwürfen teilte Schindler jedem Element eine räumliche Funktion innerhalb des Interieurs zu, um den Raum – seinen eigenen Worten zufolge – zu „definieren und modellieren“. Seine Möbelentwürfe besitzen, diesem Prinzip entsprechend, eine besonders architekturale Wirkung.
Die klare Schlichtheit und geometrische Strenge der Inaya-Möbel lassen die Handschrift des 1914 in die USA emigrierten Architekten und Gestalters deutlich zutage treten. Obwohl Schindler seinen eigenen charakteristischen Stil entwickelt hatte, verraten die Möbelstücke dennoch seine Nähe zum amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright, in dessen Büro er ab 1918 einige Jahre lang gearbeitet hatte. Als Material für die Inaya-Möbel verwendete Schindler Sperrholz aus Douglasienholz, einen günstigen Werkstoff, der häufig in der Betonschalung zum Einsatz kommt. Um die Oberfläche des Holzes zu betonen und die Maserung stärker zur Geltung zu bringen, war es mit einer Stahlbürste abgerieben worden. Eine letzte Schicht, vermutlich aus Kalkfarbe oder ein Firnis, trug dazu bei, seine Textur noch deutlicher hervortreten zu lassen.
Die Reisekauffrau Beata Inaya hat Schindler Zeit ihres Lebens immer wieder geholfen, geeignete Baugründe zu finden, organisierte Kunst- und Architekturausstellungen, initiierte Stipendien für ArchitektInnen und war in der Women’s Architectural League of Los Angeles aktiv. Schindler entwarf außerdem zwei Häuser für Inaya, die jedoch unrealisiert blieben. Zur Wohnung in Los Angeles haben sich leider kaum Dokumente erhalten, nur für die Stühle finden sich Zeichnungen im Archiv der University of California in Santa Barbara.
Das komplette Ensemble war nach Inayas Tod 1991 zunächst in den Besitz des befreundeten Ehepaares Maureen Mary Vidler und Lionel March, die Schindlers How House in Silver Lake (Los Angeles) bewohnten, übergegangen. Der Professor und Architekt March bot das Mobiliar 2013 dem Londoner Victoria and Albert (V&A) Museum an, das einen Schreibtisch, einen Couchtisch und einen Stuhl als Schenkung in seine Sammlung aufnahm. Durch die umsichtige Vermittlung des V&A-Kustoden Christopher Wilk wurden die übrigen neun Möbel dem MAK angeboten und als „Schenkung von Lionel March in Erinnerung an seine Frau Maureen Mary Vidler“ inventarisiert.
Mehrere Veränderungen – in Form von farblicher Umgestaltung, Rekonstruktion, Schäden und Restaurierungen – sind für die Möbel im Verlauf der letzten Dekaden nachvollziehbar oder dokumentiert: Vermutlich in den frühen 1970er Jahren hatte Inaya ihre Möbel in ihrer Lieblingsfarbe Pink bemalt. Anlässlich der Ausstellung zu Schindlers 100. Geburtstag, Schindlerfest, im Jahr 1987 an der University of California in Los Angeles, wurden sie jedoch wieder in ihren mutmaßlich ursprünglichen Zustand gebracht. Nur ein Jahr später entstanden aufgrund einer Überschwemmung in Inayas Apartment Wasserschäden, deren Spuren 2014 von der Restaurierungs-abteilung des MAK beseitigt werden konnten.
Das MAK und Rudolph M. SchindlerDie Verbreitung und wissenschaftliche Erforschung von Schindlers Werk steht seit Jahren im Fokus von zahlreichen Ausstellungen, Publikationen und Forschungsprojekten des MAK. Drei der wichtigsten Bauten des Architekten in Los Angeles, das Rudolph Schindler House, das Pearl M. Mackey Apartment House und das Fitzpatrick-Leland House, werden vom 1994 gegründeten MAK Center for Art and Architecture bespielt. Die Räumlichkeiten der MAK-Außenstelle werden für Ausstellungen und Projekte an der Schnittstelle von bildender Kunst und Architektur genutzt sowie KünstlerInnen und ArchitektInnen, wie etwa den MAK-Schindler-StipendiatInnen, im Rahmen des MAK Center Artists and Architects-in-Residence Programms zur Verfügung gestellt.