Ihre Reisen mögen uns heute nicht mehr sehr spektakulär und die Größe des daraus resultierenden fot ografischen Œuvres mag eher marginal erscheinen; wenn man aber bedenkt, unter welchen Bedingungen und mit welchen Mitteln damals gereist und gearbeitet wurde, erscheinen die Ergebnisse in einem anderen Licht.
Die gezeigten Fotografien, die zwischen 1849 und 1875 entstanden sind, wurden entweder nach Papier - oder nach Glasnegativen hergestellt. Zu den mit Originalabzügen präsen tierten Fotografen zählen u. a. Maxime Du Camp (Frankreich, 1822 − 1894), Louis de Clercq ( Frankreich, 1836 − 1901), John Beasley Greene (USA, 1832 − 1856) und Francis Frith (England, 1822 − 1898) , de ren Werke h eute u. a . im Metropolitan Museum of Art in New York oder im Getty Center in Los Angeles zu sehen sind.
NAPOLEONS ÄGYPTEN FELDZUG, DIE ÄGYPTOLOGIE UND DIE FOTOGRAFIEVon Beginn an waren Ägypten und die Fotografie untrennbar miteinander verbunden. Im Jahr 1839 stellte der französische Physiker und Politiker François Arago der Öffentlichkeit die Erfindung der beiden Franzosen Louis Daguerr e und Joseph Nicéphore Niépce vor. Speziell Daguerre war die Entwicklung einer detailreichen Fotografie auf einer polierten versilberten Kupferplatte zu verdanken, die sogenannte Daguerreotypie. Im Juli 1839 hielt Arago vor der französischen Deputiertenkam mer eine Ansprache , um die Anwesenden von der Wichtigkeit dieser Erfindung zu überzeugen. Schließlich stimmte eine überwältigende Mehrheit (237 gegen 3 Stimmen) für den Erwerb des Patents durch den französischen Staat. Am 19. August 1839 wurde die Erfindung der Öffentlichkeit präsentiert und durch den französischen Staat zur freien und unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung gestellt.
In seiner Ansprache vom Juli 1839 nahm Arago mehrfach auf Ägypten Bezug, speziell auf die Ägyptische Expedition Napo leons (1798 − 1801). Bei dieser Expedition waren neben rund 35 .000 Soldaten auch zahlreiche Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen dabei. Dieser Feldzug, der zugleich auch eine wissenschaftliche Expedition war, führte zur systematischen Untersuchung der alten Kultur, der Geologie, Geografie, aber auch der K ultur des Landes. Die Ägyptologie – die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Jahrtausende alten Kultur der Ägypter – war damit ins Leben gerufen worden. Etliche Zeichner bildeten auf dieser Expedition Ägyptens Natur und Kultur ab. Die Ergebnisse wurden in dem mehrbändigen Werk „Description de l’Égypte“ veröffentlicht. Arago meinte, dass ein einziger Mann mit einem Apparat Daguerres die Aufgabe bewältigen könnte, für die es einer „Legion von Zeichnern“ bedurfte. Die Detailtreue der Daguerreotypien würde die Zeichnungen bei W eitem übertreffen.
Die Text - und Bildsammlung der Ägyptischen Expedition war zu diesem Zeitpunkt schon etliche Jahre publiziert. Aber bald nach der Erfindung und Präsentation der Fotografie 1839 machten sich die ersten Künstler auf den Weg nach Ägypten. Sehr schnell wurde auch erkannt, dass die Methode, die William Henry Fox Talbot gleichzeitig mit Louis Daguerre entwickelt hatte, für ihre Zwecke besser geeignet w ar als die Daguerreotypie. Das Negativ -Positiv -Verfahren ermöglicht im Gegensatz zur Daguerreotypie, die ein Unikat hervorbringt, mehrere Abzüge von einem Negativ. Diese Erfindung Talbots stellt die Grundlage für die Fotografie bis zur Entwicklung der Digi talfotografie dar.
ANTONIO BEATOEngland, geboren 1833 (?) in Italien (Venedig oder Ko rfu), gestorben 1906 in Luxor Ab den 1850er Jahren fotogr afierte Antonio Beato gemeinsam mit seinem Bruder Felice und James Robertson in Malta und Indien. 1860 ging er nach Kairo, 18 62 eröffnete er ein Fotos tudio in Luxor. Beato produziert e von den wichtigsten Monumenten Ägyptens Serien von Fotografien , die er dann auch an Touristen verkaufte. Nach seinem Tod in Lux or erwarb d er Ägyptologe Gaston C. Maspero die Fotografien und Negative aus dem Nachlass Beatos für das M useum in Kairo.
ÉMILE BÉCHARD (H. BÉCHARD)Frankreich, aktiv von 1869 bis in die späten 1880er Jahre, Lebensdaten unbekannt Émile Béchard (oder H. Béchard) , aus dessen Leben kaum Details bekannt sind, betrieb ab 1869 ein Studio in Kairo. Es ist unklar, ob es sich bei den mit „ H. Béchard“ signierten Fotografien um Arbeiten eines Bruders handel t oder ob überhaupt ein zweiter Fotograf mit diesem Namen ex istiert e. Vielleicht trug Émile auch einen Doppelnamen, mit dessen zweitem Teil er signierte. Auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1878 erhielt Béchard eine Goldmedaille für seine Arbeiten in Ägypten.
LOUIS DE CLERCQFrankreich, geboren 1836 in Oignies, Pas -de-Calais, g estorben 1901 ebenda Der aus einer reichen Familie s tammende Louis de Clercq reiste 1859 für ein offizielles französisch es Projekt nach Syrien, um dort die Kreuzfahrerburgen zu untersu chen und zu fotografieren. 1860 fuhr er nach Palästina un d Äg ypten. Auf dem Rückweg nach Frankreich besuchte er Spani en. Vom fotografischen Ergebnis dieser Reisen wählte de Clercq 222 Motive aus, die in sechs Alben publiziert wurden. Das gesa mte Werk Voyage en Orient wurde bereits 1861 in Paris ausgestellt.
MAXIME DU CAMPFrankreich, geboren 1822 in Paris, gestorben 1894 in Baden -Baden Der Schriftsteller und Journa list Du Camp reiste mit Gustave Flaubert 1849 bis 1851 nach Äg ypten, Palästina und Syrien. Du Camp war vom Ministerium für Öffentliche Bildung beauftragt worden, Aufnahmen von Monume nten und Inschriften zu machen. Dafür nahm er beim Fotogra fen Gustave Le Gray Unterricht. 125 Arbeiten erschiene n in den Jahren 1852– 1854 unter dem Titel Égypte, Nubie, Palestine et Syrie . Dieses Werk gilt nach den Büchern von Henry Fox Talbot als eines der ersten mit Originalfotografien illustrierten Bücher. LUIGI FIORILLO Italien, Lebensdaten unbekannt, wahrscheinlich 1898 in Alexandria gestorben Luigi Fiorillo betrieb spätestens ab 1872 ein Fotoatelier in Alexandria. Nach s einem Tod fü hrten seine Witwe und sein Sohn das Studio weiter.
FRÉDÉRIC COMTE FLACHÉRONFrankreich, geboren 1813 in Lyon, gestorben 1883 in Par is Frédéric Comte Flachéron, der i n Paris Malerei und Bildhauerei studiert hatte, ging 1839 nach Rom. Zwisc hen 1848 und 1853 fotografierte er dort nahezu alle wich tigen Monumente. Heute sind 155 Papiernegative von ihm bekannt.
FRANCIS FRITHEngland, geboren 1822 in Chesterfield, gestorben 1898 in Cannes Francis Frith fotografierte schon ab 1 850/51 in England. Er arbeitete mit der Technik des K ollodium -Verfahrens, verwendete also im Gegensatz zu Du Camp und de Clercq keine Papiernegative, sondern beschichtete Glasp latten in verschiedenen Größen. Im Herbst 1856 trat Frith seine erste Reis e nach Ägypten an. Ausgestattet mit Kameras in untersc hiedlichen Formaten bereiste er bis 1860 dreimal Ägypten und auch Palästina.
FRANK MASON GOODEngland, geboren 1839, gestorben 1928 Frank Mason Good ist vor allem für seine Fotografien bekannt, die während mehrerer Reisen nach Ägypten und in den Nahen Osten in den späten 1860er und 1870er Jahren entstanden. Eine große Ägypten -Reise fand 1868/69 statt, eine weitere führte ihn 1871/72 unter anderem wieder nach Äg ypten. Viele seiner Fotografien wurden von Franc is Frith publ iziert, allerdings ohne Nennung seines Namens. Nur ein Tei l seiner Arbeiten ist signiert, weshalb viele davon Frith zugeschrieben werden.
JOHN BEASLEY GREENEUSA, geboren 1832 in Pa ris, gestorben 1856 in Kairo John B. Greene lebte in Paris u nd studierte bei Gustave Le Gray Fotografie. Er war der erste Archäol oge, der die Fotografie nutzte. Im Alter von 21 Jahren fuhr er nach Ägypten und Nubien, um das Land, die Monumente und die Inschriften zu dokumentieren und zu fotografieren. In einem Albu m publizierte er 94 Fotografien. Greene kehrte nach Ägypten zurück und arbeitete in Medinet Habu als Ausgräber und Fot ograf. Auch diese Bilder wurden veröffentlicht. Greene starb im November 1856 mit nur 24 Jahren vermutlich an Tuberkulose.
WILHELM HAMMERSCHMIDTDeutschland, Lebensdaten unbekannt, in Ägypten ab ca. 1860 aktiv, wahrscheinlich 1869 gestorben Wilhelm Hammerschmidt arbeitete bereits in Berlin als Fotograf. Ungefähr 1860 eröffnete er in Kairo ein Fotoatelier. Dort verkaufte er auch Ausst attung für Fotografen wie Fotopapier und Glasplatten. Er fotografierte in Ägyp ten, Palästina und Syrien. 1869 wurde über Hammerschmidt b erichtet, dass seine Gesundheit schwer angegriffen sei. Wahrsch einlich starb er noch im selben Jahr.
PASCAL SEBAHTürke i, geboren 1823 in Istanbul, gestorben 1886 ebenda Bei der Weltausstellung in Wien 1873 wurde ein Buch mit 74 Tafeln seiner Fotografien von t ürkischen Trachten und Kostümen präsentiert. In den frühen 1870er Jahren eröffnete er zusätzlich zu Istanbul eine Zweigstelle in Kairo. 1 883 erlitt er eine Hirnblutung, von der er sich nicht mehr erholte. 1886 starb e r. Sein Sohn Jean trat 1888 in das Geschäft ein und führte das Studio. Viele Abzüge, die Jean von Negativen sei nes Vaters machte, signierte er mit „J. P. Sebah“ .
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