Im Mittelpunkt der Ausstellung „Gestaltungshysterie“ von Bernhard Buhmann steht eine großformatige Arbeit, in der sich Figuration und Abstraktion die Waage halten und somit zugleich Fragmentierung und Konkretisierung thematisieren.Die Form bildet den Ausgangspunkt einer kontingenten Konstellation, womit die Figur selbst der beständigen Möglichkeit des Andersseins unterworfen wird. Die Gelegenheit zur Täuschung liegt in der Person selbst, sie agiert als sensibler Spiegel des Alltags. Selbstfindung und Selbstverlust, die Vermischung von Authentischem und Inszeniertem, das Versprechen der individuellen Selbstkonzeption und ihrer Rückwirkungen auf die Lebenswirklichkeit in aller Exaltiertheit und Paradoxie finden in ihr Ausdruck. Die Haltlosigkeit der Umstände und der drohende Kontrollverlust in einer sich rasant verändernden Umgebung evoziert die scheinbare Notwendigkeit zur andauernden Neukonzeption des Selbst.
Die Fragen nach der beständigen Rekonstruktion von Identität unter sich wandelnden Bedingungen, nach den Imperativen der Selbstdarstellung in einer digitalen Kultur und den damit einhergehenden theatralen und inszenierten Routinen sind kennzeichnend für Buhmanns Arbeiten der letzten Jahre, in denen allerlei schrille Protagonisten menschlicher wie auch tierischer und maschineller Gestalt ihren Auftritt hatten.
In einer Gegenwart, in der die Beherrschung der Oberfläche zur Schlüsselkompetenz avanciert und Klicks auf ’soziale’ Interfaces als Äquivalenzen authentischer Nähe erfahren werden, repräsentieren die wechselnden Identitäten einen gesellschaftlichen Funktionsmodus, welcher etwa in der Forderung nach uneingeschränkter Flexibilität seinen Ausdruck findet. Das Karussell dreht sich und mit zunehmender Geschwindigkeit verkehrt sich das Ideal nach individueller Selbstverwirklichung mitunter rasch in panische Gesten der eigenen Anpassungsfähigkeit. Die Gestaltungshysterie ergreift das Individuum selbst. Dem Protagonisten im Hauptbild der Ausstellung rücken die eigene Möglichkeiten zu leibe, sie drängen ihn gerade zu aus dem Bild. Daneben sind 12 Mittelformate zu sehen, die den Faden weiterspinnen und die Form als Grundprinzip des Andersseins, der Veränderung in den Mittelpunkt rücken. Es bleibt kein Stein auf dem anderen.