Die Silberstände aus ehemals jüdischem Besitz bilden einen Themenschwerpunkt in der Ausstellung Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG, die seit 2014 zu sehen ist und auf großes Interesse stößt. Seit 1960 verwahrt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) rund 3.000 Silberobjekte, die infolge einer Beschlagnahmeaktion während der NS-Zeit in die Sammlung des Museums gelangten. Dass dieses Silber aufgrund seiner Geschichte kein herkömmliches Museumsgut sein kann, steht außer Frage. Als Kultureinrichtung mit öffentlichem Auftrag möchte das MKG diese Objekte nicht im Depot verstecken. Wie kann die museale Arbeit mit einem Kulturgut aussehen, das so unmittelbar mit dem jüdischen Leben und der Verfolgung verbunden ist, und das die Museen zugleich in die Pflicht nimmt, es jederzeit zurückzugeben, wenn Ansprüche geltend gemacht werden? Über diese Fragen möchte sich das MKG im Rahmen eines Symposiums mit Wissenschaftlern aus Museen und historischen Forschungseinrichtungen sowie mit Vertretern jüdischer Institutionen austauschen. Das Publikum wird in Form von Workshops eingebunden. Das zweitägige Symposium greift zwei zentrale Aspekte auf: Die aktuellen Forschungen zum Silber aus ehemals jüdischem Besitz in Hamburg, Berlin, München und Wien und den Blick über die rein kunsthistorische-museale Ebene hinaus. In einer abschließenden Podiumsdiskussion sollen Ideen entwickelt werden, wie mit einem Museumsgut umgegangen werden kann und soll, das untrennbar mit dem Holocaust in Deutschland verknüpft ist.1939 wurden in Hamburg rund 20 Tonnen Silber aus jüdischem Besitz beschlagnahmt, die zum Einschmelzen bestimmt waren. Einen Teil dieser Silberbestände kauft Hamburg 1940 dem Deutschen Reich ab, um sogenanntes „Silber mit Antiquitätenstatus“ für die Hamburger Museen zu bewahren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich noch rund zwei Tonnen Silber in der Obhut der Hamburger Finanzbehörde. Bis 1958 konnte ca. eine Tonne Silber restituiert werden. Über das verbliebene Silber, das weder den einstigen Besitzern noch ihren Erben zurückgegeben werden konnte, einigte sich Hamburg mit der „Jewish Trust Corporation“, der Treuhänderstelle für jüdisches Vermögen, auf die Zahlung eines Ausgleichsbetrags. Ab 1960 wurden diese Silberbestände auf Hamburger Museen verteilt. Die Beschlagnahme und Verwertung des jüdischen Silbers fand in ganz Deutschland, aber auch in Österreich statt, das seit 1938 ans „Deutsche Reich angeschlossenen“ war. In vielen Museen befindet sich daher auch Silber aus ehemals jüdischem Besitz. Nach der Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens 1998 sind diese Bestände in den Blick der Provenienzforschung gerückt.
Bei den Recherchen im Vorwege zur Hamburger Ausstellung Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG zeichnete sich ab, dass die Silberbestände im MKG sich von den Konvoluten anderer Häuser unterscheiden. Kein anderes Museum versammelt Silber in solchem Umfang, darunter in großer Zahl Tafelbesteck, aber auch Bestecke und Silbergerät des täglichen Lebens. Mit der seit September 2014 laufenden Ausstellung und mit dem geplanten Symposium hofft das MKG, eine respektvolle Lösung für die Silberbestände zu finden.
Ein erster Schritt war die Ausstellung, die das Silber mit seiner besonderen Geschichte öffentlich macht. Durch die museal untypische Art der Präsentation wurden die Besucher für die Besonderheit dieses Sammlungsguts sensibilisiert. In großen Mengen und ungeputzt ist das Silber im Schauraum der Ausstellung und in einer Depot-Vitrine im Foyer zusehen. Es vermittelt einen nachhaltigen Eindruck davon, welche Wunde die mit Diskriminierung und Verfolgung einhergehende Beschlagnahme in das Leben jüdischer Familien geschlagen hat. In der neu eingerichteten Sammlung Judentum verweist eine Vitrine – über die Sonderausstellung hinaus – dauerhaft auf die Geschichte des Silbers aus ehemals jüdischem Besitz im MKG.
Die Teilnahme am Symposium ist kostenfrei. Aufgrund der begrenzten Platzzahl wird um verbindliche Anmeldung gebeten: E-Mail: direktion@mkg-hamburg.de, Telefon: o4o 428 134 1oo, Fax: o4o 428 134 1o9