Die vom Reinigungspersonal am vergangenen Samstag (24/10) beseitigte Arbeit der Künstlerinnen Goldschmied & Chiari wurde vollständig wieder hergestellt. Das Werk kann im Atelierhaus bis zum 22/11 besichtigt werden. Die kürzlich eröffnete Rauminstallation ist Teil des italienweiten Ausstellungsprojekts „L’Albero della cuccagna. Nutrimenti dell’arte” („Der Kletterbaum. Ernährung durch Kunst“), das von Achille Bonita Oliva kuratiert wird. „L’Albero della cuccagna. Nutrimenti dell’arte” steht unter der Schirmherrschaft der EXPO 2015 und entstand in Zusammenarbeit mit dem Programm „Sensi Contemporanei” der Agenzia per la Coesione Territoriale und dem Ministerium für Kultur und Denkmalpflege (MIBACT). Goldschmied & Chiari inszenieren die Überreste eines beendeten Fests, das hier zur Metapher für die achtziger Jahre wird. Dieses Jahrzehnt wird dann auch als Epoche des hemmungslosen Konsums, des Hedonismus, der Finanzspekulation, der TV-Massenunterhaltung, der sozialistischen Politik und – natürlich – der Feste verstanden, oder, mit anderen Worten, als italienisches Schlaraffenland. Der Titel dieser Arbeit bezieht sich auf einen 1988 erschienenen italienischen Diskothekenführer („Wohin gehen wir heute Abend tanzen“). Verfasser war der damalige Außenminister Gianni De Michelis. Das Vorwort stammte von TV-Moderator Gerry Scotti.„Wir bedauern sehr, was mit der Arbeit der beiden Künstlerinnen geschehen ist. Der Vorfall ist die Folge eines Missverständnisses mit dem Personal der Reinigungsfirma. In Absprache mit Goldschmied & Chiari haben wir die Installation sofort wiederhergestellt. Das ist keineswegs der einzige ’Unfall’ dieser Art in der Geschichte der zeitgenössischen Kunst. Trotzdem haben wir damit eine intensive Debatte in den Medien und in den sozialen Netzwerken ausgelöst, übrigens auch auf einer internationalen Ebene. Das zeigt wieviel Interesse für Gegenwartskunst besteht aber auch wieviel Irritation sie auslösen kann. Wir verstehen es als unsere Aufgabe, diesen Dialog weiterzuführen und haben deswegen immer schon verschiedene Vermittlungsangebote für alle Publikumsgruppen im Programm. Die kostenlose Donnerstagabend Führung wird diese Woche vom Werk von Goldschmied & Chiari ausgehen und auch der nächste Termin der Reihe „Im Kontext“ ist diesem Thema gewidmet“ so Letizia Ragaglia, Direktorin des Museion. „Wohin gehen wir heute Abend tanzen?“ wirkt wie die Fortsetzung einer anderen Arbeit von Goldschmied & Chiari aus der Sammlung Museion: „Genealogia di Damnatio Memoriae” (2009), eine Magnolie, die auf der Rasenfläche vor dem Museum steht. In die Rinde der Pflanze wurden Daten und Orte eingeritzt, die in Italien von 1969 bis 1980 im Rahmen der „Strategie der Spannung” eine tragische Rolle gespielt haben.
GOLDSCHMIED & CHIARISeit 2001 arbeiten Sara Goldschmied (1975) und Eleonora Chiari (1971) als Künstlerinnenduo in Mailand.
Goldschmied und Chiari nutzen in ihrem künstlerischen Werk unterschiedliche Medien wie Fotografie, Video und Installation. Die beiden Künstlerinnen erarbeiteten sich mit zahlreichen Ausstellungen internationale Anerkennung und kooperieren mit angesehenen Kunsteinrichtungen und Museen im In- und Ausland. Das Duo nahm an mehreren Großausstellungen teil (Biennale in Venedig, 2009, Dublin Contemporary, Berlin Biennale, Videozone, Video-Biennale Tel Aviv, Biennale Sletto & Corso, Séléstat). 2012 gewannen sie – als beste Vertreter der jungen italienischen Kunst – den Preis des Museums für zeitgenössische Kunst Castello di Rivoli. Die Künstlerinnen waren Kandidaten für das Rockfeller Foundation Bellagio Center Creative Arts Fellowship 2015 und wurden vom Museo del 900 in Mailand und vom National Museum of Women in the Arts in Washington in die Ausstellung „Organic Matters, Women to Watch 2015“ aufgenommen. 2007 gewannen sie den vom Museion in Bozen ausgeschriebenen Preis für Kunst an der Baustelle.