Markus Lüpertz wurde von Arnulf Rainer eingeladen, selbst eine Ausstellung für das Museum zu gestalten. Rainer ermöglichte seinem Freund und Künstlerkollegen die unbeschränkte Auswahl aus seinen Werken und stattete ihn mit einer ‚Carte Blanche‘ zur freien Verfügung über die Ausstellungsräume des Museums aus. Ohne inhaltliche Vorgaben und frei jeglicher Beschränkung realisiert Markus Lüpertz nun einen komponierten Dialog zwischen Malerei und Bildhauerei.Der Titel der Ausstellung verweist auf die Tatsache, dass es in Anbetracht des Œuvres der beiden Künstler im faktischen, wie im übertragenen Sinne richtig ist, von „bildender“ Kunst zu sprechen. Diese bewusste Doppeldeutigkeit beschreibt treffend die vielschichtige Wirkungsweise der Werke von Markus Lüpertz und Arnulf Rainer. In der Ausstellung wird das Bild durch die plastische Form ‚belästigt‘ und das orchestrierte Miteinander der Gattungen ermöglicht dem Besucher eine sehr direkte Annäherung an das Wesen der Kunst: den Einsatz von Farbe und Material, die Form- und Proportionsfindung, die räumliche Inszenierung von zwei- mit dreidimensionalen Werken, aber vor allem den unermüdlichen Erfindungsgeist und Schaffensdrang von zwei der bedeutendsten lebenden Künstler.
In den außergewöhnlichen Räumen des Museums im historischen Frauenbad in Baden konfrontiert Lüpertz 25 seiner Skulpturen und ein Gemälde mit 25 Bildern, einer Plastik und übermalten Büchern Arnulf Rainers. Die Auswahl der Bilder Arnulf Rainers konzentriert Lüpertz thematisch in zwei Gruppen. Zum einen auf expressive, gestische Malerei Rainers aus den achtziger Jahren, die auf Vorlagen aus historischer, wissenschaftlicher Literatur zur Anatomie des Menschen entstanden sind, sowie auf neuste Bilder, in denen Rainers malerisch zurückhaltend und poetisch den Fotografien klassischer Skulpturen begegnet.
Den Gemälden gegenüber stellt Lüpertz eine Serie seiner vor intensiver Farbigkeit strotzenden, handbemalten kleinen Bronzeskulpturen. Große Gipsbüsten und Köpfe, die direkt aus seinem Atelier stammen, spielen in der Ausstellung jedoch eine besondere Rolle.
Diese originalen Gipsskulpturen lassen den Betrachter noch intensiver als die später davon gegossenen Bronzen die Hand des Künstlers spüren und erahnen. In ihrer Präsenz und von großer künstlerischer Erfahrung geprägten Qualität offenbaren die handbemalten Gipse von Markus Lüpertz ihre kongeniale Verwandtschaft zu Arnulf Rainers Malerei. So treffen Skulptur gewordene, fröhlich farbige antike Helden wie Herkules, Odysseus und Atlas, große Romantiker wie Hölderlin und Beethoven aus der Hand von Lüpertz auf die vielschichtig übermalten Bilder Arnulf Rainers zu Anatomie, Kunst des Altertums und William Shakespeare.
„Arnulf Rainer, ein frommer Maler, der mit heidnischer Lust Götter beleidigt. Ein Maler, der die Büchse der Pandora geöffnet hat und erstaunt ist, ob der Vielfalt der Möglichkeiten. Trunken in den Winden sich suhlend, als Spiel einer ewigen Jugend, bleibt Arnulf ungezogen. Und groß.“ (Markus Lüpertz, 2015)