Die Ausstellung in der Fondation Beyeler widmet sich dem umfangreichen Werk von Marlene Dumas, in dessen Zentrum die Beschäftigung mit der menschlichen Figur steht. Es ist die bisher umfassendste Retrospektive in Europa zum Werk der in Amsterdam lebenden Künstlerin und bietet einen einzigartigen Überblick über ihr beachtliches Werk von der Mitte der 1970er-Jahre bis heute. Zusätzlich zu ihren wichtigsten ikonischen Gemälden und Zeichnungen werden experimentelle Collagen aus ihrem Frühwerk sowie einige ganz neu entstandene Gemälde zu sehen sein.Es ist eine aussergewöhnliche Kombination von Unmittelbarkeit und Intimität, welche das Werk von Marlene Dumas auszeichnet. Ohne Vorbehalt, manchmal herausfordernd, zuweilen mit Humor, begegnet Dumas den Menschen in ihren Bildern. Dumas lässt die Autonomie der Farbe zu, behält dabei aber immer die menschliche Figur in ihrem Blick- und Bildfeld. Ihre Arbeiten zeigen eindrücklich, was Malerei heute noch zu leisten vermag. Marlene Dumas gehört zu den einflussreichsten und interessantesten weiblichen Künstlern der Gegenwart.
In ihren Einzel- und Gruppenporträts dominiert eine abwechslungsreiche Palette an Farbtönen und Kontrasten. Expressive Farben wechseln mit fast transparenten Nuancen ab, die die Leinwand scheinbar von innen leuchten lassen. Dumas setzt geschundene Körper und markante Gesichter, dann wiederum sehr zerbrechlich oder leblos anmutende Geschöpfe ins Bild. Sie führt vor Augen, wie malerische Schönheit auch Schreckensszenen darstellen kann. In neuen, noch nie gezeigten Arbeiten befasst sie sich vermehrt mit dem Verhältnis von Figur und Raum in ihren Bildern.
Ein seit ihrer Jugend eigen angelegtes Bildarchiv nutzt Dumas als Ausgangslage für ihre Gemälde und Aquarelle. Oft bezieht sie sich auf aktuelle Krisen und Ereignisse in der Gesellschaft, zu ihrem Archiv gehören private Familienfotos, kunsthistorische Vorlagen und Fotografien aus der Presse. Ausgehend von dokumentarischen Fotografien aus Zeitungen und Magazinen transformiert Dumas mit ihrer malerischen Geste das Abbild in ein unheimliches, fesselndes und berührendes Bild auf der Leinwand – was Stilllegung der Zeit in der Fotografie ist, erweckt Dumas in ihrer Malerei zum Leben. Ihre Bilder strahlen eine vereinnahmende, sinnliche Kraft aus, die den Betrachter in ihren Bann ziehen.
Die Ausstellung in der Fondation Beyeler wurde in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin geplant. Sie zeichnet anhand einer groben chronologischen Ordnung ihren künstlerischen Werdegang nach. Der Anfang der Ausstellung bildet dabei eine Ausnahme und einen besonderen Auftakt. Im ersten Raum werden Schlüsselwerke wie The Painter (1994), The Sleep of Reason (2009) und The Artist and His Model (2013) gezeigt. Auf diese Weise führt die Malerin die Besucher selbst durch die Ausstellung, der Fokus liegt dabei auf der bis heute ungebrochenen Faszination vom Bild des Menschen in der Malerei.
Marlene Dumas ist 1953 in der Nähe von Kapstadt (SA) geboren und aufgewachsen. Sie lebt und arbeitet seit 1976 in den Niederlanden. Ihre Werke sind in Museen, privaten und öffentlichen Sammlungen weltweit vertreten. Zu den bedeutendsten Ausstellungen der letzten Jahre gehören Präsentationen im Haus der Kunst in München (2010/2011), im Museum of Contemporary Art, L. A. und Museum of Modern Art, New York, USA (2008) und im Marugame Genichiro-Inokuma Museum of Contemporary Art, Marugame, Japan (2007). Dumas war an der DOCUMENTA IX, 1992 und an der Biennale 1995 vertreten. 2012 wurde sie mit dem renommierten Johannes Vermeer-Preis ausgezeichnet. Theodora Vischer, Senior Curator der Fondation Beyeler, kuratiert die Ausstellung in der Fondation Beyeler. Sie ist gemeinsam mit dem Stedelijk Museum in Amsterdam und der Tate Modern in London organisiert worden, wobei die Schwerpunkte der einzelnen Ausstellungsorte unterschiedlich sind. Ein gemeinsamer Katalog in Deutsch und Englisch ist bereits erhältlich.