ARISTO Höhenrechenschieber, 1943; Zur astronomischen Standortbestimmung von U-Booten  © Wolfgang Lackner ARISTO Höhenrechenschieber, 1943; Zur astronomischen Standortbestimmung von U-Booten © Wolfgang Lackner - Mit freundlicher Genehmigung von: TirolerLandesmuseen

Was: Ausstellung

Wann: 12.12.2014 - 01.02.2015

Ausstellung zur Geschichte des Rechenschiebers und der Wörgler Firma ARISTO im Museum im Zeughaus

Rechenschieber waren bis zur Einführung des elektronischen Taschenrechners in den 1970er Jahren für viele Berechnungen in Schule, Wissenschaft und Technik unentbehrlich. Einer der bekanntesten deutschen Hersteller produzierte ab 1961 in Wörgl. Die Ausstellung „2x2=3,99“…

Ausstellung zur Geschichte des Rechenschiebers und der Wörgler Firma ARISTO im Museum im Zeughaus

Rechenschieber waren bis zur Einführung des elektronischen Taschenrechners in den 1970er Jahren für viele Berechnungen in Schule, Wissenschaft und Technik unentbehrlich. Einer der bekanntesten deutschen Hersteller produzierte ab 1961 in Wörgl. Die Ausstellung „2x2=3,99“ erzählt mit Fotografien und ausgewählten Exponaten die Firmengeschichte von ARISTO Wörgl, heute GEOtec genannt, und ruft die Funktion des Rechenstabs spielerisch in Erinnerung. Nach der Präsentation im Frühsommer in der Galerie am Polylog in Wörgl ist die vom Heimatmuseumsverein Wörgl entwickelte und von Mag. Günther Moschig kuratierte Schau vom 12. Dezember 2014 bis 1. Februar 2015 im Museum im Zeughaus in Innsbruck zu sehen.

INNSBRUCK. Die Firma ARISTO Wörgl, heute GEOtec, hat sich mit der Produktion von zwei weltberühmten mathematischen Hilfsmitteln einen Namen gemacht: mit dem ARISTO Rechenschieber und dem Geodreieck, welches original von ARISTO 1964 entwickelt wurde. Der Rechenstab kam bis in die 1970er Jahre im Schulunterricht zur Anwendung. 1968, im erfolgreichsten Jahr von ARISTO, wurden europaweit über 86.000 Exemplare exportiert. Das durchsichtige Kunststoff-Geodreieck ist aus unserem Alltag nach wie vor nicht wegzudenken. Das Werk in Wörgl wurde 1961 vom Hamburger Traditionsunternehmen Dennert & Pape errichtet. Der deutsche Betrieb begann 1872 mit der Herstellung des ARISTO Rechenschiebers. Nach überstandener Weltwirtschaftskrise wird das Gerät zum erfolgreichsten Produkt der Firma.

Ziffernfolgen entsprechend dem Logarithmus Den Rechenschieber gibt es seit 400 Jahren. Bis zur Einführung des elektronischen Taschenrechners ist er für Naturwissenschaftler und Ingenieure von großer Bedeutung. Der Rechenstab ist ein analoges mathematisches Hilfsmittel zur Durchführung von Grundrechnungsarten wie Multiplizieren und Dividieren bis hin zu komplexen Rechenoperationen. Seine mathematische Grundlage ist der Logarithmus. Mit Logarithmen lassen sich stark wachsende Zahlen übersichtlich darstellen. Dazu beschreiben Logarithmen viele technische Prozesse sowie Phänomene der Natur, wie etwa die Spirale eines Schneckenhauses oder die Wahrnehmung unterschiedlicher Lautstärken durch das menschliche Ohr.

Der Rechenschieber besteht aus mit logarithmischen Skalen beschrifteten Körperleisten, die den Stabkörper bilden. Dazwischen wird eine ebenso mit Skalen versehene Zunge je nach Rechenoperation nach rechts oder links bewegt. Das Ablesen und Einstellen von Zahlenwerten ermöglicht der Läufer. Das Prinzip eines Rechenschiebers besteht in der Addition oder Subtraktion von Strecken, die sich als logarithmische Skalen auf dem festen und dem beweglichen Teil des Rechenschiebers befinden.

Vielfältige AnwendungRechenschieber und Zeichengeräte wurden ursprünglich aus Buchsbaumholz mit eingeritzten Teilungen und freihändig aufgetragenen Ziffern gefertigt. Dennert & Pape gehört mit zu den Pionieren in Deutschland, die universal anwendbare Rechenschieber in Serie fertigen. Schon 1885 erhält die Firma ein Patent für die Beschichtung der Holzstäbe mit Celluloid und eingeschwärzten Teilstrichen.

Die zunehmende Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts erhöht den Bedarf an Sonderrechenschiebern. Von 1885 bis 1914 werden alleine von Dennert & Pape 28 neue Modelle auf den Markt gebracht. Neben den stabförmigen werden auch runde Rechenscheiben produziert. Vom Höhenrechenschieber für den U-Booteinsatz bis zu Rechenscheiben zur Ermittlung des Heizkohlenverbrauchs, vom „ARISTO Aviat“ für die Navigation in der Luftfahrt bis zum Masseneinsatz in Schulen, für Kaufleute und Techniker reichen die Anwendungen des Rechenschiebers.

Mit der Einführung von Aristopal, dem Kunststoff Astralon, wird 1936 die Produktion komplett umgestellt und die Beständigkeit des Rechenstabs verbessert. In den 1960er Jahren wird das Spritzgießverfahren für die Herstellung der Rohkörper eingeführt.

Konkurrenz TaschenrechnerDurch die Etablierung des Elektronikrechners Ende der 1960er Jahre verschwindet der Rechenstab aus Schulen, Ingenieurbüros und schließlich vom Markt. Die Firma ARISTO führt im Herbst 1972 den ersten deutschen elektronischen Taschenrechner ein, den M 27 im Zigarettenschachtelformat. Es werden etwa zwanzig verschiedene Typen von Taschenrechnern entwickelt. Das Leistungsspektrum der Rechner reicht von kaufmännischen Berechnungsmöglichkeiten bis hin zu technisch-naturwissenschaftlichen Anwendungen. ARISTO kann aber mit der rasanten Entwicklung des digitalen Zeitalters und der billiger produzierenden Konkurrenz nicht mithalten und stellt 1978 die Produktion von Elektronikrechnern zur Gänze ein.

Bewegte FirmengeschichteIm ersten Teil der Ausstellung, der auf den Logarithmus sowie die Entwicklung und Funktion des Rechenschiebers eingeht, können die BesucherInnen selbst aktiv werden und mit dem Gerät Rechenaufgaben lösen. Das BRG Wörgl hat dafür Rechenbeispiele entwickelt. Neben vielen Fotos und ausgewählten Exponaten wird ein Kurzfilm gezeigt, den der Wörgler Filmemacher Egon Frühwirth mit SchülerInnen des BRG Wörgl gemacht hat.

Der zweite Teil der Schau beleuchtet die wechselhafte Unternehmensgeschichte von ARISTO. Der Zweite Weltkrieg ist die Ursache dafür, dass die 1862 in Hamburg gegründet Firma Dennert & Pape einen Teil ihrer Produktion nach Bludenz verlegt. In einer stillgelegten Suchard Schokoladenfabrik werden ab 1943 neben Zeichengeräten Navigations- und Kartengeräte für die deutsche Wehrmacht hergestellt. Nach Ende des Kriegs wird der Betrieb enteignet und nach langwierigen Verhandlungen mit dem österreichischen Finanzministerium 1961 zurückgekauft. Die Eigentümerfamilie Dennert entscheidet sich nach längerer Standortsuche für das Angebot des damaligen Bürgermeisters Ferdinand Mayer und geht nach Wörgl.

Als österreichische Firma ARISTO-Instrumente Dennert KG beginnt 1961 in Wörgl die Produktion von Zeichengeräten und Rechenschiebern. Bis 1967 kann mit steigenden Umsatzzahlen der Stand der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von 5 auf 45 erhöht werden. Den folgenden Einbruch des Rechenschiebermarktes kann ARISTO Wörgl durch die gesteigerte Herstellung von Zeichengeräten, Geo- und TZ-Dreiecken und die Übernahme von Generalvertretungen für Produkte des technischen Bürobedarfs überstehen. 1980 wird ARISTO Hamburg von Rotring weitergeführt. 2003 wird die Firma in einem „Management Buy Out“ von Mitarbeitern übernommen. Heute ist der Betrieb in Tiroler Besitz. Der Markenname ARISTO wird aktuell von zwei Unternehmen geführt, in Hamburg von ARISTO Graphic Systeme und in Wörgl von der Firma GEOtec, die weiterhin ARISTO Zeichengeräte, Tuschefüller und Sonderanfertigungen herstellt.

Die Idee für die Ausstellung „2x2=3,99“ kam von Peter Weich, dem ehemaligen Geschäftsführer in Wörgl. Er hat dem Heimatmuseumsverein Wörgl eine Sammlung von Objekten zum Thema überantwortet und auf den 50. Geburtstag des Geodreiecks aufmerksam gemacht.

Tags: Rechenschieber, Schule, Taschenrechner, Technik, Wissenschaft

2x2=3,99VOM RECHENSTAB ZUM ELEKTRONIKRECHNER. DIE FIRMENGESCHICHTE VON ARISTOIn Kooperation mit dem Heimatmuseumsverein Wörgl12. Dezember 2014 – 1. Februar 2015Museum im ZeughausZeughausgasse, 6020 InnsbruckDi – So 9 – 17 Uhr (geschlossen am 25.12. und 1.1.) T +43 512 / 59489-313
ERÖFFNUNG: 11.12.2014, 18Uhr FÜHRUNG AN SONNTAGEN MIT PETER WEICH: 14.12.2014, 18.1.2015, jeweils 11 Uhr
EINTRITTSPREISE Kombiticket für alle Tiroler Landesmuseen: € 10, erm. € 7; ab 1.1. 2015: € 11, erm. € 8