Alexander Wied schreibt über die äußerst komplexe Ikonographie des…
Alexander Wied schreibt über die äußerst komplexe Ikonographie des…
Alexander Wied schreibt über die äußerst komplexe Ikonographie des Werkes:„In einer offenen, wiesenbegrünten Landschaft handeln unter einem großen Baum Kaufleute mit zahlreichen kleinen Männchen. Diese sind zum Teil durch ihre Kappen und Schellen als Narren zu erkennen. Diese Handelsszene kann nur als Allegorie zu verstehen sein: Sie verbildlicht wohl, dass menschliche Torheit immer im Umlauf und somit unausrottbar ist – eine Satire auf die Narrheit der Menschen. Im Vordergrund sitzen Kaufleute an einem Tisch und wiegen kleine Narren, während ein Wanderkrämer und seine Frau aus Sack und Körben weitere anbieten. Der Krämer ist wie mit einer Trense geschirrt und hat an der Stirn einen kleinen Narren sitzen, der mit dem Hammer auf die bekannte Steinoperation anspielt. Die operative Entfernung eines Steins aus der Stirn war ein von Hieronymus Bosch ausgehendes Bildthema, das im 16. und 17. Jahrhundert in zahlreichen Variationen verbreitet war. Die Botschaft ist einfach: Dummheit lässt sich operativ nicht entfernen, die Operation ist nutzlos, also ebenfalls närrisch. Genauso närrisch ist ein links der Hauptszene zu sehendes Pilgerpaar, das in Anbetung vor einem alten Narrenpaar niederkniet. Die Närrin säugt und füttert gleichzeitig einen kleinen Narren mit Brei. Kritisch in den Blick gerät auch der Klerus: Das Liebespaar rechts am Bildrand ist als Mönch und Nonne erkennbar. Sie sind dem Kloster entsprungen und frönen der Liebesnarretei.Anregung oder Anleitung zu vielen anspielungsreichen, rebusartigen Details findet der Betrachter in den satirischen Reimtexten der Rhetorikergilden, der „Rederijkers“ (vergleichbar etwa mit den heutigen Karneval- und Faschingsrednern), in denen Untugenden und Torheiten aufs Korn genommen wurden. Die im Bild angebrachten Schrifttäfelchen beinhalten möglicherweise kurze Sentenzen aus solchen Rederijker-Texten, sind aber kaum mehr lesbar. Ein Beispiel: Über dem Reigentanz rechts im Hintergrund hängt ein Käfig mit einem Narren; er sitzt auf einem großen Ei, aus dem ein kleiner Narr schlüpft – ein Verweis auf das Sprichwort „men mag geen zot eieren laten uitbroeden“ („Man lasse keinen Narren Eier ausbrüten“), d. h. Narren brüten nur wieder Narren aus."
Die gut erhaltene Holztafel „Küstenlandschaft mit Fischmarkt“ von Jan Brueghel I. gibt auf atmosphärisch dichte Weise das Treiben auf einem Fischmarkt inmitten einer geheimnisvollen Meereslandschaft wider (€ 200.000 – 300.000).
Der „Hochzeitstanz im Freien“ in bäuerlicher Umgebung ist ein sehr beliebtes Thema der Brueghel-Malerfamilie. Ein seltenes, vermutlich vor 1616 in Antwerpen entstandenes Tondo mit diesem Motiv steht bei der Auktion zur Wahl. Pieter Brueghel II. hat das Vor-Bild seines Vaters virtuos variiert, präsentiert die feiernde Gesellschaft ohne die (väterliche) Moralkeule. Er fügt Landschaftsteile hinzu, lässt die Hochzeitsgeschenke weg (€ 200.000 – 300.000).
DEFILEE DER SCHÖNHEITENAlte Meister aus dem SüdenEine besondere Bewandtnis hat es mit zwei im Dorotheum offerierten Frauenporträts von Pietro Antonio Rotari. Solche Bildnisse junger Frauen erfreuten sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit und machten auch den Künstler Pietro Antonio Rotari europaweit bekannt. Als Porträtmaler reüssierte der Sohn einer aristokratischen Familie an den Höfen in Dresden, Wien und St. Petersburg durch seine subtile Farbgebung und die genaue Beobachtung menschlicher Gemütszustände. In Russland erhielt er den Auftrag, für die Schönheitengalerie Porträts von jungen Frauen anzufertigen, die die Vielfalt der russischen Völker repräsentieren sollten. Rotari fertigte 360 Bildnisse russischer Frauen für Zarin Elisabeth an – und 50 weitere Porträts, die die Zarin der Russischen Kunstakademie schenkte. Die Gemälde der Zarin waren für Schloss Peterhof bestimmt. Der Charme dieser Porträts kommt zweifellos jenen von Greuze oder Chardin nahe. Das „Bildnis einer jungen Frau mit Haube“ sowie das „Bildnis einer jungen Frau in bäuerlicher Tracht“ ist jeweils mit 80.000 bis 120.000 Euro bewertet.
Auch Allegorien wurden einst mit Schönheiten gecastet, in der aktuellen Auktion stehen die Vergänglichkeit und die Malerei als Models: Paris Bordone, im Kolorit seiner Bilder ähnlich unverwechselbar wie sein Lehrer Tizian, stellt Vanitas als prächtige, nachdenkliche Frau mit Spiegel dar, flankiert vom Alter in Person einer alten Frau. Bernardo Cavallino setzt die natürlich weibliche junge Malerei, höchstwahrscheinlich inspiriert von einem Bild von Artemisia Gentileschi, mit der Dichtkunst in Beziehung. Seine Neuinterpretation lässt die Malerei einen normalerweise der Poesie zugeschriebenen Lorbeerkranz tragen (€ 180.000 – 220.000).
Die Allegorie der Stärke und der Mäßigung von Pietro Liberi zeigt unter anderem einen zahmen Löwen, dessen Kopf auf den Beinen einer Schönheit ruht. Schönheit und Alter thematisiert auch die bereits zu Lebzeiten hoch gefeierte Malerin Lavinia Fontana. Eine edle Dame mit alter Magd hält ein Hündchen, Symbol ehelicher Treue. Das zweite Bildnis mit einer Witwe könnte die selbe Frau im höheren Alter darstellen. Das sie flankierende Kind greift den Apfel in ihrer Hand, symbolisch für das künftige Erbe ihres Sohnes (jeweils € 120.000 – 180.000).
Mit keinem geringeren Bild als mit dem in den Uffizien befindlichen können „Die sieben Werke der Barmherzigkeit (Madonna del Popolo)“ von Federico Barocci die in der Auktion angeboten zwei Frauenporträts in Verbindung gebracht werden. Beide haben starke Ähnlichkeit mit dargestellten Figuren am berühmten Altarbild (je € 80.000 – 120.000).
Als ewige Schönheit gilt außerdem die Serenissima, Venedig, Bildmotiv für sämtliche Malergenerationen. Besonders idyllisch der gondelgefüllte Canale Grande sowie der Bucintoro, das Staatsschiff der Dogen, vor dem Hintergrund des Dogenpalastes, allesamt in Szene gesetzt von Apollonio Domenichini (je € 120.000 – 180.000). Weitere bedeutende Bilder der Auktion stammen von Jusepe Ribera und Giuseppe Vermiglio (€ 80.000 – 120.000, € 150.000 – 200.000).
AuktioAuktionstermin: 21.10.2014 - 17:00Teil 1 - Beginn 17:00
Teil 2 - Beginn 18:30 im Anschluss an Teil 111.10. - 21.10.2014
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