Zisska & Lacher versteigert bedeutenden Teilnachlass von Colmar Freiherr von der GoltzEin außergewöhnlicher Teilnachlass des preußischen Generalfeldmarschalls und Militärreformers Colmar Freiherr von der Goltz (1843–1916) gelangt aktuell bei Zisska & Lacher zur Versteigerung. Das umfangreiche Konvolut dokumentiert die außergewöhnliche Karriere und diplomatische Bedeutung einer der einflussreichsten Persönlichkeiten im militärischen Denken und internationalen Wirken des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die Versteigerung findet im Rahmen der Online-Auktion „In Turcica – Türkenkriege, Balkan und Orient“ auf Lot-tissimo statt. Der Schätzpreis für das bedeutende Konvolut liegt bei 18.000 bis 22.000 EUR.
Colmar von der Goltz war nicht nur Generalfeldmarschall, sondern auch ein führender Militärtheoretiker im Preußischen Generalstab und ein enger Berater des Kaisers. Als Reorganisator der türkischen Armee zwischen 1883 und 1896 erwarb er sich international den Ruf eines brillanten Organisators. Aufgrund seiner Nähe zum Kaiser wurde er zeitweise als möglicher Reichskanzler gehandelt – eine Rolle, die letztlich jedoch 1909 an Bethmann-Hollweg fiel. Während des Ersten Weltkriegs wurde Goltz zunächst als Generalgouverneur in Belgien eingesetzt, bevor er erneut in osmanische Dienste trat und schließlich 1916 als Kommandeur der 6. Türkischen Armee in Bagdad verstarb.
Der nun angebotene Teilnachlass liegt in gesichteter, sortierter und teils bearbeiteter Form vor. Er enthält zahlreiche Dokumente von hohem zeitgeschichtlichem Wert, darunter Korrespondenz, Denkschriften, private Briefe und militärische Berichte. Besonders hervorzuheben ist ein Brief von Enver Pascha, datiert auf den 19. August 1908, der aus der entscheidenden Phase der jungtürkischen Revolution stammt. Darin heißt es auf Französisch: „... tout le monde désire vous voir à la tête de notre armée“ – ein Beleg für Goltz’ hohen Stellenwert im osmanischen Machtgefüge.
Der Nachlass ist in zehn thematisch gegliederte Abteilungen unterteilt. Die ersten Teile dokumentieren Goltz’ Zeit im Großen Generalstab, seine Tätigkeit als Militärtheoretiker und als kommandierender General. Es finden sich Briefe von hochrangigen Persönlichkeiten wie Graf York von Wartenberg, den Generälen von Kluck, Waldersee und Mudra sowie Redemanuskripte, Verlagskorrespondenz und Artikelentwürfe.
Ein eigenes Kapitel widmet sich seiner Tätigkeit als Sonderbotschafter in Südamerika. Weitere Abteilungen dokumentieren die enge Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, seine Rolle im Jungdeutschland-Bund sowie seine Rückkehr in den Dienst des Osmanischen Reichs. Das dort enthaltene Material gewährt tiefen Einblick in die Entwicklungen vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Besonders aufschlussreich ist die Sammlung zur Zeit ab 1914, in der Goltz sowohl in Belgien als auch später im Nahen Osten tätig war. Briefe, Berichte, Protokolle und Denkschriften zur militärischen Lage an den Dardanellen und in Mesopotamien, zur Diplomatie mit Persien sowie Abschriften des Depeschenwechsels mit Erich von Falkenhayn zur Militärkonvention mit Bulgarien zeugen von Goltz’ strategischem Einfluss. In einem Brief bietet der bekannte Archäologe Max Oppenheim dem General seine Dienste an – ein bemerkenswerter Seitenaspekt des politischen und kulturellen Netzwerks dieser Zeit.
Ein weiterer Teil des Nachlasses enthält persönliche Korrespondenz, darunter mehrere Briefe des Erbprinzen Bernhard von Sachsen-Meiningen, die sowohl politische als auch militärische Einschätzungen beinhalten. Weitere Abschnitte betreffen die Aktivitäten in der Deutsch-Asiatischen Gesellschaft sowie Erinnerungsstücke an Goltz’ Tod und Beisetzung 1916 in Tarabya bei Istanbul, darunter Fotografien der Trauerfeierlichkeiten und eine original erhaltene Schleife eines Gedenkkranzes.
Der preußische Soldat, Militärlehrer und Schriftsteller gilt als eine Schlüsselfigur des deutschen Einflusses im Osmanischen Reich. In der internationalen Forschung ist sein Wirken bis heute Gegenstand intensiver Untersuchungen. „The Prussian soldier, military teacher, and writer, was an imperial German field marshal who reorganized the Turkish army (1883–96) and served as commander in chief of the Turkish forces against the British in Mesopotamia (Iraq) during World War I. A soldier from 1861, Goltz taught military history at the academy in Berlin (1878–83). Sent to Turkey in June 1883, he modernized its army so effectively that, after his return to Germany, Turkey was winning the Greco-Turkish War of 1897 decisively until the major European powers intervened to stop the conflict. In August 1914, Goltz was appointed governor-general of German-occupied Belgium. In November of that year he became aide-de-camp to Ottoman sultan Mehmed V. He died in 1916 in Bagdad.“Quelle: Auktionsdokumentation Zisska & Lacher / biografische Notiz
Dieser Teilnachlass bietet nicht nur Sammlern und Historikern einen außergewöhnlichen Zugang zu einer Schlüsselfigur der deutsch-osmanischen Beziehungen, sondern dokumentiert ein Stück Weltgeschichte im Spiegel privater und offizieller Dokumente.
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